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Big Data kann die Rolle der Menschen in Umfragen nicht ersetzen

05.07.2021

Wenn die Auswertung digitaler Daten an ihre Grenzen kommt, kann eine Befragungsmethode weiterhelfen, die auf die Wahrnehmung des Menschen setzt.

  • Die Methode des „Human social sensing” bietet sich für Fragen und Situationen wie die Corona-Pandemie an, die sich schlecht mit Daten erfassen lassen.
  • Prof. Frauke Kreuter von der LMU setzt diese Methode in dem globalen „Covid Trends & Impact Survey“ ein, um die Entwicklung der Pandemie vorherzusagen.

Unmengen Daten stehen der sozialwissenschaftlichen Forschung heute zur Verfügung. Dennoch lassen sich manche gesellschaftlichen Entwicklungen schwer vorhersagen. Das gilt für den Ausgang von Wahlen ebenso wie für die Verbreitung von Viren, wie die Corona-Pandemie täglich vor Augen führt.

„Wir dürfen uns nicht rein auf die Auswertung digitaler Datenspuren verlassen. Der Mensch als Sensor sollte nicht übersehen werden, vor allem in Bereichen, die sich schlecht mit digitalen Verhaltensdaten erfassen lassen“, sagt Frauke Kreuter, Professorin für Statistik und Data Science in den Sozial- und Humanwissenschaften an der LMU. Manche sozialen Phänomene entwickeln sich auch so schnell oder unerwartet, dass Forscherinnen und Forschern gar nicht genug Zeit bleibt, ausreichend aktuelle passive Daten zu sammeln.

Der Mensch als Sensor spielt eine zentrale RolleIn einer aktuellen Veröffentlichung im Fachmagazin Nature zeigt die LMU-Statistikerin mit einem internationalen Autorenteam auf, wie entscheidend die Rolle der Befragung Einzelner auch in Zeiten von Big Data ist: „Man darf nicht aus den Augen verlieren, dass durch Umfragen wertvolle Zusatzinformationen gesammelt werden können.“

Dabei setzen die Forscherinnen und Forscher nicht nur darauf, dass Befragte Auskunft über sich selbst geben: „Die Möglichkeit, Einzelne nicht nur über sich selbst, sondern auch über ihre Umgebung zu befragen, wurde lange vernachlässigt.“ Es zahle sich aus, die einzelne Person als Sensor dafür einzusetzen, was in der eigenen Umgebung passiert.

Die Entwicklung der Corona-Pandemie als Studienfall

Frauke Kreuter setzt diese Methode aktuell in dem globalen „Covid Trends & Impact Survey“ ein, mit dem die Entwicklung der Corona-Pandemie vorhergesagt wird. Seit April 2020 werden weltweit Daten erhoben, global wurden inzwischen über 55 Millionen Menschen befragt. Sie werden unter anderem gebeten, darüber Auskunft zu geben, ob in ihrem Umfeld jemand Symptome einer Corona-Erkrankung zeigt.

„Das ist ein starker Prädiktor für die Entwicklung der Pandemie“, sagt Frauke Kreuter. Erste Ergebnisse wurden gerade als Preprint auf MedRxiv zur Verfügung gestellt. „Entscheidend für den Einsatz von Menschen als Sensoren in sozialwissenschaftlichen Surveys ist die zufällig ausgewählte und kontrollierte Stichprobe der Befragten“, betont die LMU-Statistikerin.

Publikation:
Human social sensing is an untapped resource for computational social science.
Mirta Galesic, Wändi Bruine de Bruin, Jonas Dalege, Scott L. Feld, Frauke Kreuter, Henrik Olsson, Drazen Prelec, Daniel L. Stein, Tamara van der Does
Nature, Juli 2021
DOI: 10.1038/s41586-021-03649-2
https://www.nature.com/articles/s41586-021-03649-2

Links:
US COVID Trends and Impact Survey
Global COVID Trends and Impact Survey

Kontakt:
Prof. Frauke Kreuter
Professorin für Statistik und Data Science in den Sozial- und Humanwissenschaften
Tel.: +49 (0)89 2180 - 3044
E-Mail: frauke.kreuter@lmu.de
https://www.soda.statistik.uni-muenchen.de/people/professors/kreuter1/index.html

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