Krebsforschung: Hirntumore besser behandeln
28.08.2024
In einem neuen Positionspapier erörtert ein Team von Forschenden das Potenzial theranostischer Methoden in der Präzisionsmedizin.
28.08.2024
In einem neuen Positionspapier erörtert ein Team von Forschenden das Potenzial theranostischer Methoden in der Präzisionsmedizin.
Die sogenannte Theranostik spielt in der Präzisionsmedizin eine zunehmend große Rolle. Sie verbindet molekulare Bildgebungsverfahren und gezielte Strahlenbehandlung für eine personalisierte Krebstherapie. Diagnostik und Therapie werden also kombiniert. Das Konzept ist bereits für verschiedene Krebsarten im klinischen Einsatz. „In klinischen Studien haben sich theranostische Behandlungen bereits als wirksam erwiesen und sind inzwischen für die personalisierte Therapie von Prostatakrebs und neuroendokrinen Tumoren zugelassen“, erklärt LMU-Nuklearmedizinerin Professorin Nathalie Albert. „Hirntumore stellen bislang jedoch einen ungedeckten klinischen Bedarf dar.“ Theranostika könnten auch bei Krebsformen, die das Gehirn betreffen, wirksame Behandlungsoptionen bieten. Albert ist Erstautorin eines kürzlich im Fachjournal The Lancet Oncology veröffentlichten Positionspapiers der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC), welches das Potenzial der Theranostik für die Behandlung von Hirntumoren zusammenfasst. Albert ist Vorsitzende des Nuclear Medicine Committee der EORTC Brain Tumor Group.
Theranostik wird einen großen Stellenwert in der Krebstherapie der Zukunft einnehmen. Dieses Potenzial werden wir nun systematisch für die Behandlung von Hirntumoren untersuchen.Nathalie Albert
„In diesem Positionspapier erörtern wir die Chancen und Herausforderungen bei der Entwicklung zielgerichteter Radionuklidtherapien für die Behandlung von Hirntumoren, einschließlich Gliomen, Meningeomen und Hirnmetastasen“, sagt Albert. „Der klinische Bedarf an neuen Behandlungsoptionen bei diesen Tumoren ist groß“, betont Matthias Preusser, Leiter der klinischen Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien und Letztautor der Publikation. Denn trotz großer Fortschritte in den vergangenen Jahren bleibe die Sterblichkeit bei Hirntumoren hoch.
Die Forschenden stellen in der Veröffentlichung auch Überlegungen zur effektiven Planung und Durchführung klinischer Studien zum theranostischen Behandlungskonzept bei Hirntumoren an und thematisieren logistische und regulatorische Herausforderungen in der neuroonkologischen Praxis. „Eine durchdachte Entwicklung wird die erfolgreiche Übertragung des theranostischen Konzepts auf Hirntumore fördern“, sagt Preusser. Die Forschenden betonen, dass prospektive und kontrollierte klinische Studien für die erfolgreiche Weiterentwicklung dieser neuartigen Ansätze zur Hirntumorbehandlung notwendig sind. „Theranostik wird einen großen Stellenwert in der Krebstherapie der Zukunft einnehmen. Dieses Potenzial werden wir nun systematisch für die Behandlung von Hirntumoren untersuchen“, so Albert.
Ende 2024 startet das EORTC-Netzwerk unter Leitung von Nathalie Albert die weltweit erste prospektiv randomisierte Studie, welche in 35 Zentren in zehn europäischen Ländern inklusive Deutschland eine theranostische Therapie bei rezidivierten Meningeomen untersuchen wird.
Nathalie Albert et al.: Translating the theranostic concept to neuro-oncology: disrupting barriers. The Lancet Oncology 2024