Studieneinstieg: „Eigenverantwortung ist so zentral wie nie“
17.05.2021
Die Leiterin der Zentralen Studienberatung der LMU, Christiane Mateus, im Interview zu den Herausforderungen des Studieneinstiegs.
17.05.2021
Die Leiterin der Zentralen Studienberatung der LMU, Christiane Mateus, im Interview zu den Herausforderungen des Studieneinstiegs.
Der Studieneinstieg kann herausfordernd sein. Wie klappt das denn virtuell?
Christiane Mateus: In der Studienberatung bemerken wir, dass der Studieneinstieg meist auf mehreren Ebenen schwierig sein kann. Studierende stellen sich natürlich die Frage: Was möchte ich überhaupt studieren? Dann folgt das Organisatorische, also Bewerbung und Einschreibung. Die letzten Semester wurden ja bereits virtuell gestaltet, das heißt, wir sind nun auf die Herausforderungen und Einschränkungen für Erstsemester vorbereitet. Gerade bei einem virtuellen Studieneinstieg ist es besonders wichtig, sich all die Hilfe zu holen, die man braucht und die auch angeboten wird.
Vor welchen Schwierigkeiten stehen die Erstsemester?
Die Herausforderungen eines virtuellen Studieneinstiegs liegen für die Erstsemester vor allem im organisatorischen Bereich: Wie gestalte ich meinen Stundenplan, wie erreiche ich Lehrende oder kann Kontakt zu meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen sowie anderen Mitstudierenden aufnehmen? Da ist vor allem die Selbstorganisation ein zentrales Thema. Denn ein zentraler Teil des Studiums und der Universität ist es ja, ein hohes Maß an Eigenverantwortung an die Studierenden weiterzugeben. Das war bereits während der Präsenzzeiten so und hat sich nun in den Onlinesemestern verstärkt.
Das bezieht sich auf die Organisation, aber vor allem auch auf die Eingliederung der Studierenden in die LMU-Community. Das bedeutet: Wie schaffe ich es, mich wirklich als Studierender zu fühlen? Natürlich gehört da auch alles dazu, was wir mit einem Studium verknüpfen: Sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wer und wie viele mit mir studieren, Freundschaften zu knüpfen und in der akademischen Welt anzukommen. Das klingt erst einmal überfordernd – tatsächlich haben sich die Lehrenden, Studierenden und Fachschaften in den letzten Semestern wirklich Mühe gegeben, die Erstsemester willkommen zu heißen und ihnen ein erstes Gefühl der LMU-Community zu vermitteln.
Viel hängt davon ab, ob man sich traut, Fragen zu stellen. In digitalen Semestern geht man sonst schnell unter.Christiane Mateus
Doch das allein reicht eben nicht. Die Erstsemester und Studieninteressierten müssen sich aktiv engagieren, sich einfügen wollen und motiviert an das Studium herangehen. Viel hängt davon ab, ob man sich traut, Fragen zu stellen oder Kontakt aufzunehmen und Unsicherheiten anzusprechen. Das war von jeher schon so, in digitalen Semestern geht man sonst aber schnell unter.
Wie helfen virtuelle Campustage?
Unser Campustag wird von jeher sehr gut angenommen; normalerweise nehmen knapp 6.000 Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrpersonal daran teil. Da wir jetzt auf ein digitales Event umstellen mussten, haben wir unsere Veranstaltung von einem auf vier Tage ausgeweitet. Hier können sich unsere Besucherinnen und Besucher über die Vielfalt der Fächer an der LMU informieren.
Als Zentrale Studienberatung informieren wir außerdem im Rahmen der Campustage über alle nötigen Schritte, um ein Studium beginnen zu können, und vermitteln Ansprechpersonen. Die einzelnen Fächer und Fachbereiche haben Schnupperkurse vorbereitet, halten Infoveranstaltungen ab und stehen an den letzten beiden Tagen auch an virtuellen Infotheken bereit. So können die Schüler und Interessierten zu Beginn die Fachbereiche kennenlernen und an den letzten beiden Tagen die Studierenden und Lehrenden virtuell kennenlernen, ihnen Fragen stellen.
Es macht auch wirklich Sinn, sich einmal das ganze Fächerspektrum anzusehen, das die LMU als eine der Spitzenuniversitäten weltweit bietet. Viele Fachbereiche weichen ja von dem Schulkanon ab und vielleicht entdecken die künftigen Erstsemester ja so ein Fach, das all ihren Neigungen und Interessen entspricht. Ein großer Vorteil der virtuellen Campustage ist es auch, dass wir Menschen erreichen können, die weiter weg wohnen und sonst nicht die Möglichkeit gehabt hätten, für einen Tag nach München zu fahren.
Wie hat sich die Studienberatung an das virtuelle Semester angepasst?
In der ZSB haben wir all unsere Beratungen auf Video- oder Telefonsitzungen umgestellt, je nach den Wünschen derjenigen, die Rat suchen. Die großen Themen, die Schulabsolventen bewegen, sind: Wie bekomme ich einen Studienplatz? Wie kann ich mich immatrikulieren? Oder wie gelingt der Studieneinstieg? Solche übergreifenden Einstiegsthemen haben wir in Videobotschaften auf unserer Website verankert, sodass sie jederzeit abrufbar sind. Gleichzeitig haben wir unser Portfolio angepasst und natürlich auch unsere Erreichbarkeit immens erweitert, weil wir durch die Online-Sitzungen auch Menschen erreichen können, die nicht vor Ort sind.
Unsere Website ist inzwischen unser zentrales Mittel geworden. Denn wir hatten einige Schwierigkeiten damit, die Rat suchenden Schülerinnen und Schüler zu erreichen, weil die Schulen selbst große Organisationsherausforderungen in der Pandemie haben. Es fehlte uns also der direkte Kontakt, etwa über Infomails oder Aushänge. Unsere Homepage bietet nun alle nötigen Informationen und Unterstützungsangebote, um so präsent wie möglich zu sein.
Das ist eine der größten Herausforderungen der Digitalisierung: Man kann sich gut in der Anonymität verstecken.Christiane Mateus
Haben Sie noch einen Tipp für die virtuellen Campustage?
Ein wirklich großes Anliegen ist es mir, dass sich alle Besucherinnen und Besucher trauen, Fragen zu stellen. Denn das ist eine der größten Herausforderungen der Digitalisierung: Man kann sich so gut in der Anonymität verstecken. Dieser Herausforderung zu begegnen, finde ich maßgebend, vor allem, weil man ihr im Studium noch öfter begegnen wird. Und deshalb möchte ich unbedingt betonen: Jede Frage ist bei uns herzlich willkommen. Es wäre schade, diese Chance zu verpassen. Das gilt übrigens für das gesamte Studium: Ich lege es allen Studierenden ans Herz, sich einmal mit anderen Fachbereichen auseinanderzusetzen. Wann hat man schon die Möglichkeit, so viele Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler kennenzulernen?
Natürlich fehlt trotzdem das ganze physische Erleben der Universität und damit das Kennenlernen der LMU-Community. Tröstend finde ich hier den Gedanken, dass es uns allen so geht. Dass Forscherinnen und Dozenten, Mitarbeitende und Studierende alle die Begegnungen auf dem Campus vermissen. Eigentlich ist das ja bereits der erste verbindende Moment mit der LMU-Community: Wir sitzen alle im gleichen Boot.