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550. Stiftungsfest der LMU: Habilitanden und Promovenden ausgezeichnet

24.06.2022

In diesem Jahr werden sechs Promovierende und zwei Habilitanden mit Förderpreisen der Münchener Universitätsgesellschaft ausgezeichnet.

Mit den diesjährigen Habilitations- und Promotionspreisen ausgezeichnet werden:

Habilitationsförderpreise 2022

Reiseverhalten und Entscheidungsprozesse von Touristen

LMU-Präsident Prof. Bernd Huber und Prof. Peter Höppe, Vorsitzender der Münchener Universitätsgesellschaft, mit ausgezeichneten Forscherinnen und Forschern.

LMU-Präsident Prof. Bernd Huber und Prof. Peter Höppe, Vorsitzender der Münchener Universitätsgesellschaft, mit ausgezeichneten Forscherinnen und Forschern. | © LMU

PD Dr. Marion Karl, Fakultät für Geowissenschaften, erhält für ihre Arbeit „The relationship between perception of space and spatial behavior: An application of Behavioral Geography in Tourism Studies” einen Habilitationsförderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft (MUG).

Wie entstehen Reiseentscheidungen von Touristen? Mit dieser Frage hat sich Marion Karl in ihrer Habilitation auseinandergesetzt. Dazu untersuchte sie, welche Rolle Reisehemmnisse und Emotionen im Reiseentscheidungsprozess spielen. Zudem analysierte sie Veränderungen des Reiseverhaltens unter dem Einfluss interner und externer Faktoren. Ihre Ergebnisse veröffentlichte Karl in insgesamt 12 inhaltlich und methodisch breit angelegten Publikationen. Dabei zeigt sie auf, dass externe Reisehemmnisse – beispielsweise Naturgefahren oder Terrorismus – existieren, die auf Touristen wirken und subjektiv unterschiedlich wahrgenommen werden. Zudem identifiziert sie interne Reisehemmnisse, etwa gesundheitliche Einschränkungen oder psychologische Persönlichkeitsmerkmale, und verknüpft Theorien aus Tourismusforschung und Psychologie, um besser zu verstehen, wie und warum diese Reisehemmnisse das Reiseverhalten und Entscheidungsprozesse von Touristen beeinflussen.

PD Dr. Marion Karl hat einen Ruf auf eine Professur an die School of Hospitality and Tourism Management der University of Surrey erhalten, die sie zum September 2022 antreten wird.

Handeln im Netz

PD. Dr. Benjamin Krämer, Sozialwissenschaftliche Fakultät, wurde für seine Arbeit „How to do things with the Internet. Handlungstheorie online“ mit einem Habilitationsförderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft (MUG) ausgezeichnet.

Was bedeutet es eigentlich, im Internet zu handeln? Das ist die hochaktuelle Frage, der Benjamin Krämer in seiner Arbeit nachgeht. Der Kommunikationswissenschaftler leitet hieraus eine Theorie der digitalen Gesellschaft ab. An Fallbeispielen erörtert er, was das Handeln mittels des Internets wie das Liken, Sich-Anfreunden, Kommentieren, das Unterzeichnen von Petitionen oder auch das Aufzeichnen von Fitnessübungen besonders macht. Er fragt auch danach, ob auch technische Systeme handeln können, wenn sie Musik und Filme, wie wir sagen, „empfehlen“, Bilder „erkennen“ oder den Zugriff „verwehren“. Die Arbeit soll als ein Werk zur Internetgesellschaft aus handlungstheoretischer Perspektive die Theoriedebatte zum Internet beleben.

PD Dr. Benjamin Krämer ist Akademischer Rat auf Zeit am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IfKW) der LMU. Derzeit vertritt er eine Professur an der Universität Greifswald.

Promotionsförderpreise 2022

Dynamik der Zellwanderung

Dr. David Brückner, Fakultät für Physik, wird für seine Arbeit „Stochastic dynamics of migrating cells. A Data-Driven Approach“ mit einem Promotionsförderpreis der MUG ausgezeichnet.

In nahezu allen biologischen Prozessen – von der Antwort des Immunsystems bis zur Entstehung von Krebs – wandern Körperzellen durch Gewebe. Sie stehen dabei, biophysikalisch betrachtet, vor einem gemeinsamen Problem: Die Zellen bewegen sich in einer Umgebung voller Engstellen, sie müssen also physikalische Hindernisse überwinden. Genau diese Dynamik der Zellwanderung hat David Brückner in seiner Dissertation untersucht. Brückner nutzte datengetriebene Methoden, um ein besseres quantitatives Verständnis dieser Dynamik zu erlangen. Dabei konnte er zeigen, dass hinter der Bewegung von Gewebezellen komplexe, nichtlineare Gesetzmäßigkeiten stecken. Die vielfältigen theoretischen Erkenntnisse und Modelle konnte Brückner in seiner Arbeit bereits auf ein breites Spektrum experimenteller Systeme anwenden, von interagierenden Krebszellen bis hin zu künstlichen Mikrotumoren. Seine Arbeit überzeugt durch ihre außergewöhnlich enge Verbindung von neuen theoretischen Ansätzen mit experimentellen Untersuchungen.

Dr. David Brückner ist derzeit NOMIS Fellow und arbeitet als Postdoc am Institute for Science and Technology Austria.

Bewertung von Umweltschadstoffen

Dr. med. vet. Sonja Fiedler, Tierärztliche Fakultät, wird für ihre Arbeit „Quantitativ-stereologische Analyse der Kiemenmorphologie von in der ökotoxikologischen Forschung verwendeten Regenbogenforellen (Oncorhynchus mykiss)“ ausgezeichnet.

Veränderungen an den Kiemen von Regenbogenforellen gelten als sensitive Indikatoren für die Effekte zahlreicher Umweltschadstoffe. Sonja Fiedler hat im Rahmen ihrer Dissertation eine effiziente Methode entwickelt, mit der histomorphologische Veränderungen quantifiziert und so objektiv erfasst werden können. Dies war aufgrund der komplizierten dreidimensionalen Architektur des Kiemengewebes mit in der Praxis der ökotoxikologischen Forschung bisher gängigen Methoden entweder gar nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich. Mithilfe eines modernen dreidimensionalen Bildgebungsverfahrens (der Laser-Lichtblatt-Fluoreszenz-Mikroskopie) gelang es Fiedler, dieses Problem zu lösen, sodass selbst subtile Schadstoffauswirkungen effizient, präzise und zügig erkannt und entsprechende Grenzwerte in Gewässern festgelegt werden können. Ihr Verfahren gestattet, funktional wichtige quantitativ-morphologische Kiemenparameter objektiv zu erfassen und zwischen verschiedenen Studien zu vergleichen. Dadurch werden unnötige Wiederholungsexperimente vermieden und die Zahl der in ökotoxikologischen Studien verwendeten Fische effektiv vermindert.

Dr. Sonja Fiedler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Tierpathologie der tierärztlichen Fakultät der LMU.

Zur Ethik des Engagements

Dr. Laura Gozzer, Fakultät für Kulturwissenschaften, wird für ihre Arbeit „Sich und anderen gerecht werden. Relationale Ethiken im Engagement der Pat:innenschaft“ mit einem Promotionsförderpreis der MUG ausgezeichnet.

Mit ihrer Dissertation hat Laura Gozzer eine Kulturanalyse ehrenamtlicher Praxis vorgelegt. Sie untersucht nicht nur, wie Patinnen und Paten aus München in individuelle Beziehungen zu geflüchteten Menschen oder Kindern psychisch erkrankter Eltern treten. Sie stellt dieses Engagement auch in den Kontext der Gegenwartsgesellschaft. Sie beleuchtet die zentralen ethischen Fragen nach Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt, die die Ehrenamtlichen stellen, und macht so Zweifel und Dilemmata als Ausdruck gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse sichtbar. Dies eröffnet Einblicke in das neue Selbstverständnis einer urbanen Mittelklasse, die nicht länger die eigenen Privilegien als selbstgeschaffen verteidigt, sondern diese mitunter infrage stellt. Nicht zuletzt bietet die Arbeit ein analytisches Vokabular für Forschungen zu ethischen Selbstentwürfen, das auch auf andere Felder wie die Erforschung familiärer Rollen oder ethischer Selbstentwürfe im Beruf anwendbar ist.

Dr. Laura Gozzer ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Empirische Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der LMU.

Evolution der Borreliose-Erreger

Dr. Robert Rollins, Fakultät für Biologie, wird für seine Arbeit „Evolution and adaptation of tick-borne pathogens across Eurasia“ ausgezeichnet.

In seiner Dissertation befasst sich Robert Rollins mit Borrelia-Bakterien, die die Infektionskrankheit Lyme-Borreliose verursachen und von Zecken übertragen werden. Mithilfe von genetischen Untersuchungen und bioinformatischen Analysen hat er die Evolution und Anpassung der Erreger an unterschiedliche Wirte und Zecken in Europa und Asien untersucht. In seiner Arbeit zeigt Rollins, wie sich die Krankheitserreger an ein stets wechselhaftes Umfeld anpassen, was auch Konsequenzen für die menschliche Gesundheit hat. Seine Ergebnisse können dazu beitragen, besser zu verstehen, wie die innerartliche Variabilität zu dieser Anpassung beiträgt und welche Mechanismen zur Krankheitsentstehung beim Menschen führen.

Robert Rollins forscht als Postdoktorand am Institut für Vogelforschung "Vogelwarte Helgoland" (IfV) in Wilhelmshaven.

Einflüsse auf das chinesische Recht

Dr. Matthias Veicht, Juristische Fakultät, wird für seine Arbeit „Rezeption und Zivilrechtskodifikation in China seit 1900 – eine rechtsvergleichende Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Deutschland, Festlandchina und Taiwan“ ausgezeichnet.

Die prägenden Einflüsse des deutschen Rechts auf das chinesische Zivilrecht sind seit einiger Zeit Gegenstand intensiver Forschung vor allem chinesischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Es gibt allerdings bislang nur wenige Arbeiten, die aus Sicht der deutschen Rechtsordnung der Frage nachgehen, wie sich die Übernahme des deutschen Rechts in China im Einzelnen vollzogen hat. Diese Lücke vermag Matthias Veicht, Jurist und Sinologe, mit seiner Arbeit am Beispiel der kaufrechtlichen Mängelhaftung zu schließen. Die rechtsvergleichend-historische Dissertation eröffnet die Möglichkeit, die Prozesshaftigkeit der Rezeption ausländischen Rechts zu verstehen und auch in ihren Details und Umwegen über die Zeit zu verfolgen. Außerdem schafft sie den Zugang zum Verständnis einer weitgehend unbekannten chinesischen Rechtsordnung und zu den rechtskulturellen Hintergründen des Rezeptionsprozesses.

Dr. Matthias Veicht durchläuft derzeit den Juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des Oberlandesgerichts (OLG) München.

Futtermittel und Mikrobiom

Dr. med. vet. Jasmin Wenderlein, Tierärztliche Fakultät, erhält einen Promotionspreis für ihre Arbeit „Der Einfluss des Stärkeaufschlussgrads kommerzieller Versuchstierfutter auf das gastrointestinale Mikrobiom von Labormäusen“.

Obwohl Mäuse zu den meistverwendeten Versuchstieren gehören, ist das Wissen über ihr Mikrobiom – die Gesamtheit der Mikroorganismen – im Magen-Darm-Trakt noch immer sehr lückenhaft. Jasmin Wenderlein hat in ihrer Dissertation gezeigt, dass unterschiedliche Verarbeitungsformen von kommerziellem Labormausfutter zu einer Veränderung der Nährstoffzusammensetzung und des Stärkeaufschlussgrads des Futters führen. Diese Veränderungen beeinflussen die Verdaulichkeit der Futtermittel und die Entwicklung des Mikrobioms im Gastrointestinaltrakt der Maus, wie die Tiermedizinerin mithilfe genetischer Untersuchungen nachweist. Verschiedene Konfektionierungen eines Futters können somit Auswirkungen auf die Ergebnisse und die Replizierbarkeit von Tierversuchen haben.

Dr. Jasmin Wenderlein ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bakteriologie und Mykologie der tierärztlichen Fakultät der LMU.

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