Astrophysik: KI rückt Exoplaneten in ein neues Licht
06.09.2024
Ein Team um LMU-Forschende modelliert die Atmosphäre ferner Planeten mithilfe neuronaler Netze
06.09.2024
Ein Team um LMU-Forschende modelliert die Atmosphäre ferner Planeten mithilfe neuronaler Netze
Bei der Analyse von Exoplaneten-Atmosphären haben Forschende der LMU, des Exzellenzclusters ORIGINS, des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) und des ORIGINS Data Science Lab (ODSL) einen wichtigen Durchbruch geschafft. Mit Hilfe physikalisch trainierter neuronaler Netze ist es gelungen, die komplexe Lichtstreuung in den Atmosphären von Exoplaneten genauer als bisher möglich zu modellieren. Diese Methode eröffnet neue Möglichkeiten für die Analyse von Exoplanetenatmosphären, insbesondere im Hinblick auf den Einfluss von Wolken, und könnte unser Verständnis dieser fernen Welten erheblich verbessern.
Wenn weit entfernte Exoplaneten vor ihrem Zentralstern vorbeiziehen, blockieren sie einen kleinen Teil des Sternenlichts, während ein noch kleinerer Teil durch die Planetenatmosphäre dringt. Diese Wechselwirkung führt zu Variationen im Lichtspektrum, die die Eigenschaften der Atmosphäre wie chemische Zusammensetzung, Temperatur und Wolkenbedeckung widerspiegeln. Um diese gemessenen Spektren analysieren zu können, benötigen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedoch Modelle, die in der Lage sind, Millionen synthetischer Spektren in kurzer Zeit zu berechnen. Erst der anschließende Vergleich der berechneten mit dem gemessenen Spektrum, gibt Aufschluss über die Atmosphärenzusammensetzung des beobachteten Exoplaneten. Gerade mit den neuen detaillierten Beobachtungen des James Webb Space Telescope (JWST) werden ebenso detaillierte und komplexe Atmosphärenmodelle benötigt.
Ein zentraler Aspekt der Exoplanetenforschung ist die Lichtstreuung in der Atmosphäre, insbesondere an Wolken. Bisherige Modelle konnten diese Streuung nur unzureichend erfassen, was zu Ungenauigkeiten in der Spektralanalyse führte. Physikalisch trainierte neuronale Netze bieten hier einen entscheidenden Vorteil, da sie in der Lage sind, komplexe Gleichungen effizient zu lösen. In der jetzt veröffentlichten Studie haben die Forschenden zwei solcher Netze trainiert. Das erste Modell, das ohne Berücksichtigung der Lichtstreuung entwickelt wurde, zeigte eine beeindruckende Genauigkeit mit relativen Fehlern von meist unter einem Prozent. Das zweite Modell integrierte Näherungen für die so genannte Rayleigh-Streuung – derselbe Effekt, der auf der Erde den Himmel blau erscheinen lässt. Obwohl diese Näherungen noch verbessert werden müssen, war das neuronale Netz in der Lage, die komplexe Gleichung zu lösen, was einen wichtigen Fortschritt darstellt.
Möglich wurden diese neuen Erkenntnisse durch eine einzigartige interdisziplinäre Zusammenarbeit von Physikerinnen und Physikern der LMU, des Exzellenzclusters ORIGINS, des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) und des ORIGINS Data Science Lab (ODSL), das auf die Entwicklung neuer KI-basierter Methoden in der Physik spezialisiert ist. „Diese Synergie bringt nicht nur die Exoplanetenforschung voran, sondern eröffnet auch neue Horizonte für die Entwicklung von KI-basierten Methoden in der Physik“, erklärt Erstautor der Studie David Dahlbüdding von der LMU. „In Zukunft wollen wir unsere interdisziplinäre Zusammenarbeit weiter ausbauen, um die Lichtstreuung an Wolken noch genauer zu simulieren und damit das Potenzial neuronaler Netze auszuschöpfen.“
David Dahlbüdding, Karan Molaverdikhani, Barbara Ercolano & Tommaso Grassi: Approximating Rayleigh Scattering in Exoplanetary Atmospheres using Physics-informed Neural Networks (PINNs). Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 2024.