Bessere Hilfe gegen die tödliche Katzenkrankheit FIP
25.01.2022
Mit einem erstmals oral verabreichten antiviralen Medikament ließen sich in einer Studie alle erkrankten Katzen von FIP heilen, die durch ein mutiertes Coronavirus ausgelöst wird.
25.01.2022
Mit einem erstmals oral verabreichten antiviralen Medikament ließen sich in einer Studie alle erkrankten Katzen von FIP heilen, die durch ein mutiertes Coronavirus ausgelöst wird.
Das Team um Prof. Dr. Katrin Hartmann, Inhaberin des Lehrstuhls für Innere Medizin der Kleintiere der LMU, hat die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die erstmals die Wirksamkeit einer antiviralen Therapie gegen die tödliche feline infektöse Peritonitis (FIP) untersuchte. Dabei konnten alle 18 Katzen mit gesicherter FIP-Diagnose durch ein oral verabreichtes Medikament geheilt werden. Dieses Medikament mit der aktiven Substanz GS-441524, welches bisher nicht zugelassen ist, durfte im Rahmen eines durch die Regierung von Oberbayern genehmigten Tierversuches angewendet werden.
Ausgelöst durch Mutationen des harmlosen felinen Coronavirus in der Katze, verläuft FIP bei erkrankten Tieren innerhalb weniger Tage tödlich; die mediane Überlebenszeit beträgt acht Tage. Ein zugelassenes wirksames Medikament zur Behandlung gibt es bislang nicht. Tierärzte können daher nur die Symptome betroffener Katzen lindern und letztendlich zum Einschläfern raten.
Bisher behandeln viele verzweifelte Katzenhalterinnen und -halter ihre an FIP erkrankten Tiere auf eigene Faust oft mit einem nicht zugelassenen Wirkstoff, der über einen längeren Zeitraum gespritzt werden muss. Für die Besitzer und die Katzen ist das mit viel Stress verbunden. Die Injektionen an sich können für die Katzen unangenehm und schmerzhaft sein und außerdem lokale Reaktionen an der Injektionsstelle hervorrufen. Jede subkutane Injektion birgt zudem das Risiko der Entstehung von Abszessen sowie eines speziellen Sarkoms, des felinen Injektionsstellen-assoziierten Fibrosarkoms (FISS). Eine orale Applikation hingegen ist für Katzen mit weniger Stress und Schmerzen verbunden und kann nicht zur Entstehung von FISS führen.
Die nun in der FIP-Studie der Medizinischen Kleintierklinik untersuchte Therapie mit einem Medikament in Tablettenform verbesserte den Gesundheitszustand der Katzen ganz rapide, ohne dass ernsthafte Nebenwirkungen auftraten.
Während des Studienablaufs wurden die 18 teilnehmenden Katzen intensivmedizinisch betreut und überwacht. Der Therapiezeitraum umfasste 84 Tage. Bereits nach kurzer Zeit verbesserte sich der Gesundheitszustand der Katzen deutlich. Die klinischen Symptome besserten sich, während sich die Blutwerte der Tiere normalisierten. Nach Ablauf der Studie berichtet Katrin Hartmann hoch erfreut: „Hundert Prozent unserer Katzen sind wieder gesund. Es ist unglaublich, dass wir nach all den frustrierenden Jahren, in denen wir den Katzen nicht helfen konnten, nun erstmals den wissenschaftlichen Beleg dafür haben, dass FIP definitiv heilbar ist. Die Wirksamkeit ähnlicher antiviraler Medikamente konnte auch in vorherigen Studien schon gezeigt werden; eine derart hohe Erfolgsquote wie in unserer durchgeführten Studie konnte bislang nicht erreicht werden!“
Nun hoffen Katrin Hartmann und ihr Team, dass das Medikament möglichst schnell für den Einsatz in der Tiermedizin zugelassen wird. Im Moment gibt es in Deutschland und vielen anderen Ländern noch patentrechtliche Hürden.
Bei den felinen Coronaviren, die durch Mutationen bei Katzen zu FIP führen können, handelt es sich nicht um SARS-CoV-2, und feline Coronaviren sind auch nicht für den Menschen ansteckend. Dennoch ist das Ergebnis der Studie auch für die Humanmedizin relevant.
Veterinär- und Humanmediziner sehen Parallelen zwischen FIP und dem bei Kindern auftretenden PIMS-Syndrom (Paediatric Inflammatory Multisystem Syndrome), das in seltenen Fällen nach eigentlich überstandener Infektion mit SARS-CoV-2 auftreten kann. Es ist die Folge einer verspäteten Überreaktion des Immunsystems. PIMS wird bislang nur symptomatisch behandelt; das Medikament aus der Tiermedizin, so Hartmann, könnte aber helfen, neue Behandlungsmethoden für PIMS und andere schwere Coronavirus-Infektionen zu entwickeln. Zwischen den Human- und Veterinärmedizinern der LMU hat sich daher bereits eine enge Kooperation entwickelt; auch die FIP-Therapie-Studie der Medizinischen Kleintierklinik wurde in Kooperation mit der Kinderklinik und Kinderpoliklinik des Haunerschen Kinderspitals der LMU durchgeführt. „Es gibt viele Parallelen zwischen PIMS und FIP. In weiteren Studien forschen wir daher daran, herauszufinden, was bezüglich Pathogenese und Therapie bei FIP und auch bei PIMS gelernt werden kann. Im Vergleich zu FIP hat PIMS eine nicht so hohe Letalität. Aber PIMS ist eine schwerwiegende Kindererkrankung und es ist noch unklar, was da eigentlich genau passiert. Deshalb forschen wir, um zu verstehen, wie es zu diesem Syndrom kommt, um beste Therapieoptionen zu erarbeiten“, so Katrin Hartmann.
Krentz, Daniela, Katharina Zenger, Martin Alberer, Sandra Felten, Michèle Bergmann, Roswitha Dorsch, Kaspar Matiasek, Laura Kolberg, Regina Hofmann-Lehmann, Marina L. Meli, Andrea M. Spiri, Jeannie Horak, Saskia Weber, Cora M. Holicki, Martin H. Groschup, Yury Zablotski, Eveline Lescrinier, Berthold Koletzko, Ulrich von Both, and Katrin Hartmann: Curing Cats with Feline Infectious Peritonitis with an Oral Multi-Component Drug Containing GS-441524. Viruses 13, no. 11: 2228, 2021