News

Biophysik: Zellen mit Licht in Form bringen

24.03.2025

Forschende steuern mit Lichtreizen die Form von Zellen und entwickeln ein Modell, das die Mechanismen erklärt – mit Implikationen für die synthetische Biologie.

Physiker Erwin Frey forscht über die Prinzipien des Lebens. | © Benjamin Asher / LMU

Eine wesentliche Eigenschaft aller lebenden Organismen ist, dass Zellen ihre Form dynamisch ändern können – ansonsten würden fundamentale Prozesse wie die Zellteilung nicht funktionieren. Einem internationalen Team um den LMU-Physiker Professor Erwin Frey, Inhaber des Lehrstuhls für Statistische und Biologische Physik und Mitglied im Exzellenzcluster ORIGINS, und Professorin Nikta Fakhri vom Massachusetts Institute of Technology (USA) ist es nun durch die Kombination experimenteller und theoretischer Methoden erstmals gelungen, die Mechanismen zu entschlüsseln, mit denen Zellen ihre Form als Reaktion auf Umwelteinflüsse dynamisch verändern – und diesen Prozess von außen zu steuern.

Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass bei der Festlegung der Zellform die Bildung biologischer Muster durch sich selbst organisierende Proteine eine entscheidende Rolle spielt. Die Forschenden untersuchten dieses komplexe Netzwerk am Beispiel der Eizellen des Seesterns Patiria miniata, die während ihrer Teilung eine charakteristische Formänderung durchlaufen.

Verformungen bis zur quadratischen Zelle

Getrieben wird diese Formänderung von zwei Enzymen: der kleinen GTPase Rho und ihrem Aktivierungsenzym GEF. Indem sie einen mit Licht steuerbaren molekularen Schalter in GEF einbauten, gelang es den Forschenden, die Formänderungen der Eizellen gezielt optogenetisch zu beeinflussen. „Mit diesem Schalter konnten wir die Proteinverteilung in der Zelle durch Lichtreize beliebig modulieren, was zu Verformungen führte“, sagt Tom Burkart, der Erstautor der Studie. „So haben wir eine große Bandbreite an Varianten erzeugt – von lokalen Eindellungen bis hin zu einer eindrücklichen Verformung zu einer quadratischen Zelle.“

Unterschiedlich verformte Zellen

Unterschiedlich verformte Zellen

© Jinghui Liu

Anschließend entwickelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein theoretisches Modell, das beschreibt, wie der optische Reiz über chemische und mechanische Wechselwirkungen eine Formänderung der Zelle auslöst. Dabei identifizierten sie zwei zentrale Mechanismen: Zum einen sogenannte „geführte Deformationen“, bei denen Formveränderungen lokal begrenzt bleiben, sowie „ungeführte Deformationen“, die sich durch Selbstorganisation in der gesamten Zelle ausbreiten. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass lebende Zellen deutlich vielseitiger sind als bisher angenommen“, sagt Frey. „Diese Erkenntnisse könnten weitreichende Implikationen für die Entwicklung synthetischer Zellen und biomimetischer Materialien haben und neue Möglichkeiten für synthetische Biologie und zellbasierte Technologien eröffnen.“

Was setzt Leben voraus? Mehr zur Forschung von Erwin Frey

Videoplayer

Wenn Sie die Anzeige des Videos aktivieren, werden Ihre personenbezogenen Daten an YouTube übertragen und möglicherweise auch Cookies auf Ihrem Gerät gesetzt. Wir haben keinen Einfluss auf eine etwaige Datenübertragung und deren weitere Verwendung.

Weitere Informationen: Datenschutzerklärung der LMU, Datenschutzinformationen von YouTube / Google

07.03.2025

Jinghui Liu, Tom Burkart, Alexander Ziepke, John Reinhard, Yu-Chen Chao, Tzer Han Tan, S. Zachary Swartz, Erwin Frey, Nikta Fakhri: Light-induced cortical excitability reveals programmable shape dynamics in starfish oocytes. Nature Physics 2025

Wonach suchen Sie?