Dialektapp Bayern: Immer mit DaBay
28.04.2025
Linguisten der LMU haben die erste Dialektapp für Bayern entwickelt.
28.04.2025
Linguisten der LMU haben die erste Dialektapp für Bayern entwickelt.
Zuerst einmal eine Richtigstellung: Einen bayerischen Dialekt gibt es gar nicht. In der Dialektforschung gibt es zwar sehr wohl das Bairische – benannt nach dem Herzogtum der Baiern im Mittelalter –, es gibt jedoch starke Unterschiede zwischen Ober- und Niederbayern, Schwaben, der Oberpfalz und Franken.
„Es ist schon ein wenig verwunderlich, dass es in Bayern, das ja sehr stolz auf Tradition und Sprache ist, bislang keine Dialektapp gibt“, sagt Dr. Philip Vergeiner, der am Lehrstuhl für Germanistische Linguistik gemeinsam mit Professor Lars Bülow die App entwickelt hat.
Mit der Dialektapp Bayern, kurz DaBay, soll exploriert werden, welcher Dialekt wo und in welcher Ausprägung heute in Bayern gesprochen wird. Als Web-App konzipiert, kann man DaBay sowohl auf dem Smartphone als auch auf dem Desktop nutzen. Kern der App sind zunächst 12 Fragerunden zu verschiedenen Kategorien, so unter anderem zu „Essen“, „Umgangsformen“ oder „Am Bauernhof“. Die Nutzenden können zum Beispiel wählen, wie sie selbst die angegebenen Dinge in ihrem jeweiligen Dialekt aussprechen – ob sie zum Beispiel „Käse“ als „Kaas“ oder „Kääs“ bezeichnen.
„Die Teilnahmevoraussetzungen sind bewusst sehr niederschwellig gehalten, um möglichst viele Dialektsprecher und Dialektsprecherinnen in Bayern anzusprechen“, betont Lars Bülow. So sind manche Fragen mit einer Diktierfunktion ausgestattet, die sich nutzen lässt, um Sätze im Dialekt einzusprechen. Andere wiederum bieten die Möglichkeit, sie im Dialekt schriftlich zu beantworten oder zu vollenden. Jede Woche sollen zwei weitere Fragerunden dazukommen.
Die Teilnahmevoraussetzungen sind bewusst sehr niederschwellig gehalten, um möglichst viele Dialektsprecher und Dialektsprecherinnen in Bayern anzusprechen.Lars Bülow
DaBay ist für die Nutzenden nicht nur lehrreich – sie erhalten in der App viel Wissenswertes rund um die verschiedenen Dialekte –, sondern auch unterhaltsam. Für die Forschenden dient sie aber vor allem als Sprachstanderhebung, mit der letztlich Sprachwandelprozesse im Laufe der Zeit nachgezeichnet werden sollen. Zwar seien, so Vergeiner, die bayerischen Dialekte recht gut erforscht. Allerdings habe bei der bisherigen wissenschaftlichen Bearbeitung vor allem die historische Perspektive im Fokus gestanden: „Man hat sich mit Dialekten befasst, die so nicht mehr gesprochen werden.“
„Wir wollen wissen, wie sich die Dialekte und Sprachebenen verändert haben. Dabei gehen wir davon aus, dass es einen Wandel in Richtung Standardsprache gibt, dass Dialekte tendenziell immer weniger gesprochen werden.“ Wobei, so Vergeiner, die Verteilung hier geografisch unterschiedlich sei: Während etwa im Fichtelgebirge oder im Bayerischen Wald noch relativ viel Dialekt gesprochen werde, sei dies in München nicht mehr der Fall.
Bei ihrer Arbeit berücksichtigen die Forscher auch soziale Charakteristika – etwa das Geschlecht der Sprechenden, den Bildungshintergrund oder ob man im beruflichen Kontext Standardsprache oder Dialekt spricht. Zudem wollen sie kritisch prüfen, ob Annahmen und Vorurteile zutreffen – etwa, dass Frauen den Sprachwandel anführen, dass das Sprechen von Dialekten eine Frage des Bildungshintergrunds sei oder dass sich die Dialekte in Oberbayern weiter nach Niederbayern ausweiten. „Das ist empirisch nie gut untersucht worden“, weiß Vergeiner.
Da eine traditionelle Erhebung mit Interviews sehr aufwendig und vor allem sehr teuer ist, gehen die Sprachwissenschaftler den digitalen Weg. „Solche Tools bieten eine kostengünstige Lösung“, sagt Lars Bülow. Zwar lasse sich, räumt er ein, dabei nicht so gut kontrollieren, wer mitmache. Auch sei man sehr auf Schriftlichkeit angewiesen. Aber die Linguisten erhoffen sich durch die erwartbar große Menge an Teilnehmenden ein aussagekräftiges Bild.
„Wir fokussieren vor allem auf den Wortschatz, weil er am zugänglichsten und am interessantesten für die Nutzer und Nutzerinnen ist.“
Für jede beantwortete Runde erhalten die Teilnehmenden Punkte, deren Anzahl schließlich den eigenen Platz in der Rangliste aller Teilnehmenden bestimmt. Für die ersten sechs Monate der Startphase werden sogar Preise für den Ersten oder die Erste in der Rangliste ausgelobt. Für die Finanzierung der Preise konnte Philip Vergeiner konnte sogar ein Stipendium von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften einwerben.