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Engagementpreis für LMU-Studentin: Frauen helfen und Leben retten

05.12.2024

Die Studienstiftung des deutschen Volkes hat Medizinstudentin Muska Ahmadsei ausgezeichnet. Den Preis erhielt die 26-Jährige für ihr Engagement für angehende Medizinerinnen in Afghanistan.

Eine junge Frau blickt in die Kamera

LMU-Studentin Muska Ahmadsei | © privat

LMU-Medizinstudentin Muska Ahmadsei ist als Finalistin des Engagementpreises 2025 der Studienstiftung des deutschen Volkes ausgezeichnet worden. Den Preis erhielt die 26-Jährige für ihr Engagement an der Afghan University of Medical Sciences (AUMS). Das Projekt ermöglicht afghanischen Medizinstudentinnen trotz des Bildungsverbots der De-facto-Autoritäten die Fortsetzung ihres Studiums. Das Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro soll laut Muska Ahmadsei komplett in die medizinische Ausbildung der Studentinnen fließen.

Muska Ahmadsei wurde in Kabul geboren und flüchtete im Jahr 2000 mit ihrer Familie nach Deutschland. Ihre Eltern, die in Afghanistan studiert haben und als Journalisten gearbeitet hatten, hatten wie viele das Problem, dass ihre Abschlüsse in Deutschland nicht anerkannt wurden. In ihrer Erziehung legte die Familie großen Wert auf Bildung und vermittelte von Anfang an, wie wichtig es ist, die Chancen zu nutzen, die sich in Deutschland bieten. Muska Ahmadsei musste oft gegen Vorurteile ankämpfen und sich Leistungen erarbeiten, die in ihrem Umfeld nicht immer anerkannt wurden. Trotz der schwierigen Umstände, die mit der Flucht und der Integration in die neue Gesellschaft verbunden waren, bestand sie erfolgreich das Abitur.

Während ihrer Schulzeit engagierte sie sich in verschiedenen sozialen und akademischen Projekten. Beispielsweise war sie Teil einer Schülerforschergruppe, gab freiwillig Nachhilfe, war Schulsprecherin und aktiv im Leistungssport. Durch ihre Leistungen erhielt Muska während ihrer Schulzeit das Schülerstipendium „Grips gewinnt“. Ihr Engagement führte sie 2016 ins Bundesfinale von Jugend forscht und während des Studiums zum Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes.

Auch ihre Geschwister haben wie sie außergewöhnliche akademische und berufliche Wege eingeschlagen. Drei ihrer Brüder haben Medizin studiert, zwei sind bereits als Ärzte tätig. Der vierte Bruder hat sich dem Studium der Polizeiwissenschaften gewidmet und arbeitet heute als Polizist.

Nach der Machtübernahme der De-facto-Autoritäten in Afghanistan im August 2021 fühlte sich Muska Ahmadsei, als ob ihr jemand die Kehle zuschnürte. „Die Änderungen und Regelungen treffen vor allem in aller Härte die Frauen“, erklärt die 26-Jährige. Mädchen dürften zwar bis zur sechsten Klasse die Schule besuchen, der Zugang zu höheren Bildungswegen ist jedoch stark eingeschränkt. Muska Ahmadsei studierte zu dieser Zeit bereits an der LMU und war selbst nicht direkt betroffen, doch sie musste ständig an ihre Verwandten und die vielen Frauen in ihrem Heimatland denken. „Es war unglaublich frustrierend“, erinnert sie sich. Also überlegte sie, wie sie helfen könnte.

Die Gesundheitsversorgung in Afghanistan ist desolat

Studentinnen mit Kopftüchern folgen einem Vortrag.

Unterricht in der Afghan University of Medical Sciences | © privat

Muska Ahmadsei erkannte: Wenn Frauen in Afghanistan nicht mehr zur Schule und an die Universität gehen dürfen, kollabiert auch das Gesundheitssystem. Die Totgeburtenrate liegt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zehnmal höher als in Deutschland und die Kindersterblichkeit ist eine der höchsten weltweit. „Vor allem in ländlichen Gebieten leiden viele Menschen unter der schlechten Gesundheitsversorgung“, sagt die Medizinstudentin.

Daher gründete ein internationales Team, dem auch Muska Ahmadsei angehörte, Anfang 2023 die Afghan University of Medical Sciences (AUMS). Auch dank der Unterstützung von Afghan Women Support (AWS), einer wichtigen Partnerorganisation. Das gemeinsame Ziel: Afghanischen Medizinstudentinnen trotz des Bildungsverbots der De-facto-Autoritäten eine Fortsetzung ihres Studiums zu ermöglichen. Frauen ist es in Afghanistan verboten, eine Universität zu besuchen. Aktuell sind etwa 10.000 Medizinstudentinnen von dem Bildungsverbot betroffen. Doch Ausbildungen im Bereich der Krankenpflege und ähnlicher Berufe sind weiterhin erlaubt. Diese Grauzone nutzt das Projekt, um Frauen zu Ärztinnen auszubilden.

Online-Vorlesungen für Medizinstudentinnen in Afghanistan

AUMS bietet den Medizinstudentinnen die Möglichkeit, ihr Studium durch Online-Lehre fortzusetzen. Für die Studienjahre 1 bis 3 und 4 bis 6 werden von Montag bis Freitag täglich jeweils vier 60-minütige Online-Vorlesungen angeboten. Sie werden von internationalen Dozentinnen gehalten – unterstützt durch Übersetzer, um Sprachbarrieren zu überwinden. Zusätzlich wird praktischer Unterricht in privaten Praxen sowie in drei von AUMS gemieteten ehemaligen Kliniken in Kabul angeboten. Dies ist möglich, solange keine politischen Positionen eingenommen oder gegen die lokalen Normen verstoßen wird. Momentan erhalten mehr als 100 Studentinnen praktischen Unterricht.

Derzeit erreicht AUMS etwa 3.500 Studentinnen, die sich nach wie vor für ihre medizinische Ausbildung engagieren, trotz der schwierigen politischen und gesellschaftlichen Situation. Und dank des größer werdenden Netzwerks werden es immer mehr.

Auszeichnung mit einem Engagementpreis

Für ihren Einsatz für Frauen und die Gesundheitsversorgung in Afghanistan wurde Muska Ahmadsei von der Studienstiftung des deutschen Volkes als Finalistin des Engagementpreises 2025 ausgezeichnet. Dieser ist mit 1.000 Euro dotiert. Das Geld soll in eine bessere medizinische Ausbildung fließen, etwa durch eine bessere Internetverbindung vor Ort. In Zukunft sollen auch in anderen größeren afghanischen Städten praktische Ausbildungen angeboten werden.

Muska Ahmadsei ist zurzeit für das Funding des Projekts verantwortlich. AUMS finanziert sich ausschließlich durch Spenden von Privatpersonen oder neutralen Organisationen, um die Akzeptanz vor Ort zu sichern. Nach ihrem Studium plant sie, als Ärztin zu arbeiten – und natürlich das Bildungsprojekt weiterhin zu unterstützen.

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