ERC Grants: Zwei Forschungsprojekte der LMU ausgezeichnet
31.01.2023
Der Europäische Forschungsrat vergibt zwei Consolidator Grants an LMU-Forschende. Erfolgreich waren Projekte aus Pharmazie und Geschichtswissenschaft.
31.01.2023
Der Europäische Forschungsrat vergibt zwei Consolidator Grants an LMU-Forschende. Erfolgreich waren Projekte aus Pharmazie und Geschichtswissenschaft.
Der Historiker Martin Biersack und die Pharmazeutin Olivia Merkel werden vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Consolidator Grant ausgezeichnet. Für Olivia Merkel ist es nach einem Starting Grant 2014 und einem Proof of Concept Grant 2022 bereits der dritte ERC-Grant in ihrer Karriere.
Die Auszeichnung ist mit einer Förderung von bis zu zwei Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren dotiert. Mit Consolidator Grants unterstützt der Europäische Forschungsrat (ERC) exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei, ihre innovative Forschung weiter auszubauen und zu konsolidieren. Grundlage für die Entscheidung des ERC bei der Vergabe der prestigeträchtigen Grants ist die wissenschaftliche Exzellenz der Antragsteller sowie des beantragten Projekts.
Dr. Martin Biersack ist seit 2015 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit der LMU. Sein Forschungsschwerpunkt ist die spanische Kolonialgeschichte.
In der Spätzeit des spanischen Imperiums wurde Sicherheit zum Schlüsselkonzept der Regierungsführung. Diese Tendenz setzte im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts ein, als Zeitströmungen wie die Unabhängigkeit der USA und die Französische Revolution die Kolonialherrschaft in Frage stellten, sodass Spanien den Verlust seiner amerikanischen Besitzungen fürchtete. Das Gefühl der Bedrohung und das Misstrauen gegenüber der eigenen Bevölkerung in Amerika ließ die spanische Regierung Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, um die koloniale Ordnung zu schützen.
Ausgehend von dieser Hypothese wird der Historiker Martin Biersack in seinem ERC-Projekt SUSPICIO (Creating Suspects. Security Politics and Colonial Rule in the Spanish Empire) bisher vernachlässigte Quellen zu Fragen politischer Kriminalität untersuchen. Der LMU-Wissenschaftler will analysieren, wie die Kolonialverwaltung diejenigen Personen identifizierte und beurteilte, die als Bedrohung für die Ordnung empfunden und als „Verdächtige“ eingestuft wurden. Um eine Person zum Staatsfeind zu machen, war es nicht mehr nötig, dass sie eine aufrührerische Tat tatsächlich begangen hatte, sondern es genügte der bloße Verdacht, dass sie vielleicht – in Zukunft – gegen den Staat handeln könnte. In seinem Projekt wird Biersack untersuchen, inwieweit die Verfolgung Verdächtiger die Bevölkerung polarisierte und als Folge davon die Kolonialherrschaft nicht stabilisierte, sondern eher schwächte. Mit diesem Blick auf die Ambivalenz und die kontraproduktiven Auswirkungen der Sicherheitspolitik lasse sich, so Biersack, auch die Auflösung des spanischen Reiches neu interpretieren.
Martin Biersack studierte Geschichte und Germanistik an den Universitäten Regensburg und Granada und wurde an der Universität Regensburg promoviert. Er war Studienrat für Deutsch und Geschichte, bevor er mit einem DAAD-Forschungsstipendium an die Universidad Nacional de San Martín in Buenos Aires ging. Im Jahr 2021 habilitierte er sich an der LMU in Neuerer Geschichte.
Prof. Dr. Olivia Merkel ist Professorin für Drug Delivery im Department Pharmazie der LMU. Sie forscht an neuartigen Nano-Transportsystemen, mit denen Medikamente gezielt lokal verabreicht werden können. Ihr besonderer Fokus liegt auf dem therapeutischen Einsatz kurzer RNA-Abschnitte – sogenannter siRNAs – die an der Krankheitsentstehung beteiligte Gene in bestimmten Zelltypen stilllegen können.
In ihrem neuen Projekt RatInhalRNA (Rational and Simulation-Supported Design of Inhalable RNA Nanocarriers) will Merkel effiziente Medikamente auf siRNA-Basis entwickeln, die per Inhalation über die Lunge verabreicht werden können. In der Lunge gibt es zahlreiche vielversprechende Ziele, die mit derartigen Therapeutika behandelt werden könnten. Allerdings sind die derzeit verfügbaren siRNA-Formulierungen für Inhalation nicht geeignet. Hier setzt Merkel an und will die Entwicklung und Optimierung neuer geeigneter Nano-Transporter für kurze siRNA-Abschnitte beschleunigen, indem sie erstmals Simulationen der Molekulardynamik und Methoden des maschinellen Lernens kombiniert und einbezieht. Dazu wird sie bestimmte Polymere synthetisieren, die mit siRNAs beladen und mit verschiedenen Methoden hinsichtlich ihrer Eignung und Wirksamkeit getestet und analysiert werden. Mithilfe dieser Ergebnisse soll ein Modell entwickelt werden, das die Eignung verbesserter Polymeren als effiziente siRNA-Nanocarrier vorhersagen und so den experimentellen Aufwand verringern und die Nachhaltigkeit und den Tierschutz verbessern kann.
Olivia Merkel studierte Pharmazie an der Universität Marburg, wo sie auch promoviert wurde. Sie arbeitete von 2009 bis 2011 als Postdoc in Marburg und anschließend als Tenure-Track-Professorin an der Wayne State University in Detroit, USA. Seit Oktober 2015 ist sie Professorin an der LMU und hat seit November 2022 den Lehrstuhl für Drug Delivery inne.