95 Prozent der Münchner Denkmäler zeigen Männer. Mit dem Projekt denkFEmale möchte die LMU-Studentin Amadea das ändern und errichtet virtuelle Statuen berühmter Frauen. Was als Uni-Kurs begann, gipfelt nun in einer einmonatigen stadtweiten Ausstellung.
Zur Schule, zum Büro, zum Bäcker: Fast jeder Weg führt an einem der vielen Denkmäler vorbei, die Münchens Straßen säumen. Im Alltagstrott fallen die Statuen von Reitern hoch zu Ross, von Kriegshelden, Dichtern und Denkern nicht einmal mehr richtig auf. Doch wer hinsieht, merkt, dass die meisten der Statuen eins gemeinsam haben: Sie zeigen Männer. Gemeinsam mit vier weiteren Kommilitoninnen und Kommilitonen fasste die LMU-Studentin Amadea Pely den Entschluss, das zu ändern, und gründete denkFEmale.
Amadeas Werkzeug der Wahl ist jedoch nicht der Meißel, sondern das Smartphone: denkFEmale errichtet virtuelle Denkmäler von Frauen an ihren früheren Schaffensplätzen, die erst sichtbar werden, wenn Betrachter einen QR-Code am Boden scannen. Ursprung des Projekts ist der Kurs „Immersive Arts“, ein Kooperationsprojekt der LMU und der Hochschule für Fernsehen und Film, der sich mit digitalen Kunstwerken beschäftigte. „Dafür wollten wir ein Augmented-Reality-Erlebnis in der Stadt schaffen und gleichzeitig ein Problem lösen. 95 Prozent der Statuen sind männlich – das ist uns sofort als Missstand aufgefallen“, erklärt Medieninformatik-Studentin Amadea. „Mit AR können wir allerdings das Stadtbild updaten und den weiblichen Figuren aus der Vergangenheit ein Denkmal geben.“
Wir möchten das Bewusstsein dafür stärken, dass unser Stadtbild nicht divers ist und von patriarchalen Zeiten geprägt.
Amadea Pely
Prominente Unterstützung
Erstes Projekt von denkFEmale war die Frauenrechtlerin und Juristin Anita Augspurg (1857 – 1943), deren virtuelles Denkmal im Sommer 2021 vor dem Bayerischen Nationalmuseum zu sehen war. In kürzester Zeit generierte das Kunstprojekt mit weiteren Statuen viel Aufmerksamkeit – sogar die Zweite Münchner Bürgermeisterin zeigte sich mit der virtuellen Anita Augspurg auf Instagram.
Das denkFEmale-Team freute sich über die neu gewonnene Reichweite und so war es für Amadea und ihre Kommilitonin Tabitha Nagy von der Kunstakademie schnell klar, das Projekt auch nach Ende des Seminars fortzuführen. „Wir möchten das Bewusstsein dafür stärken, dass unser Stadtbild nicht divers ist und von patriarchalen Zeiten geprägt ist. Wir alle haben dieses Stadtbild vererbt bekommen, allerdings gibt es keinen Grund dafür, es einfach so hinzunehmen“, so Amadea.
Kooperation mit Übersee
Mit Katrin Habenschaden als Schirmherrin steht nun der nächste Meilenstein für das ehemalige Uniprojekt an. Im Rahmen der Aktion „past statements“ der Stadt München, die sich mit historischen Denkmälern beschäftigt, ist denkFEmale mit der einmonatigen Ausstellung #MakeUsVisible x denkFEmale beteiligt, die am 30. September mit einer Vernissage im Hildebrandhaus startet. Besucherinnen und Besucher werden im Oktober 31 virtuelle Statuen von Frauen und Transpersonen in ganz München bewundern können.
Realisiert werden kann dieses Großprojekt nur durch eine Kooperation von denkFEmale mit #MakeUsVisible aus den USA. In New York City zog die gebürtige Münchnerin und LMU-Alumna Anne Wichmann gemeinsam mit ihrer Partnerin ein ganz ähnliches Kunstprojekt auf, mit dem Ziel, unterrepräsentierten Gruppen eine Plattform zu bieten und durch Augmented Reality in den öffentlichen Raum zu bringen. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung als Kuratorin und Künstlerin war Anne genau die richtige Partnerin für Amadea und Tabitha. Doch auch zwischenmenschlich gestaltete sich die Zusammenarbeit gut. „Wir sind alle offen und flexibel, so dass wir unsere Konzepte gut zusammenbringen konnten“, freut sich Anne.
Dank ihrer Verbindungen zu Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt fand sich ein internationales Ensemble aus zehn verschiedenen Ländern zusammen, das die virtuellen Kunstwerke für die Ausstellung realisierte.
Die Ausstellung geht bis zum 31. Oktober. Danach verschwinden die virtuellen Denkmäler vorerst wieder aus München und werden nur online abrufbar sein. Das sei laut Anne Wichmann zwar schade, denkFEmale selbst wird es laut Amadea aber definitv weiter geben: „Wir haben Anfragen von anderen Städten erhalten, AR-Statuen zu platzieren, und werden auch den öffentlichen Raum von anderen Städten diverser gestalten.“
Die Ausstellung #MakeUsVisible x denkFEmale läuft vom 01. bis zum 31. Oktober 2022 und ist kostenlos. Am 9. Oktober findet im Rahmen des Aktionstags „past statements“ eine Führung zu den Ausstellungsobjekten statt.