Forschung gegen Tuberkulose: Jahrestagung von UNITE4TB
19.05.2022
Im Rahmen des globalen Forschungskonsortiums UNITE4TB wird untersucht, wie bereits in der Entwicklung befindliche Medikamente zu einer wirkstarken Kombination gegen Tuberkulose zusammengesetzt werden können.
Auf Einladung des Tropeninstituts am LMU Klinikum München trafen sich von 10. bis 12. Mai die Mitglieder des UNITE4TB-Konsortiums in der Münchner Residenz zur Jahrestagung 2022. Dies war das erste persönliche Treffen des gesamten Konsortiums seit dem Start des Projekts im vergangenen Jahr.
Das Ziel des öffentlich-privaten Forschungskonsortiums UNITE4TB ist es, die Entwicklung neuer Tuberkulose(TB)-Medikamentenkombinationen zu beschleunigen.
Als Auftakt fand am 10. Mai eine Podiumsdiskussion mit hochrangigen Sprecherinnen und Sprechern statt. Dr. Florian Herrmann, Bayerischer Staatsminister und Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, begrüßte die internationalen Gäste.
Der erste Teil der Podiumsdiskussion unter dem Vorsitz von Professor Michael Hoelscher (Direktor des Tropeninstituts am LMU Klinikum) befasste sich mit öffentlich-privaten Partnerschaften. Die Podiumsteilnehmer Eugene Sun (Senior Vice President, TB Alliance), David Barros (Vice President, GSK, Global Health and International Organisations), Dirk Busch (Direktor, Deutsches Zentrum für Infektionsforschung – DZIF), Masoud Dara (Otsuka, Director Global Health and Alliances) und Giorgio Roscigno (Vorsitzender von Next2People, Südafrika) erörterten den Mehrwert von „Public Private Partnerships“ für eine beschleunigte Entwicklung und den Zugang zu neuen, sicheren und erschwinglichen Medikamentenkombinationen für TB-Patienten weltweit.
Nach vorab aufgezeichneten Impulsstatements von international renommierten Experten wie Anthony Fauci (Immunologe und Berater des US-Präsidenten) und Michael Makanga (Exekutivdirektor der EDCTP, The European & Developing Countries Clinical Trials Partnership) sprachen die Teilnehmer des zweiten Panels über das Thema „Von klinischen Studien bis zum Zugang für Patienten". Unter dem Vorsitz von Professor Mario Raviglione (Universität Mailand) diskutierten Professorin Veronika von Messling (Bundesministerium für Bildung und Forschung, BMBF), Tereza Kasaeva (Direktorin des Globalen Tuberkuloseprogramms, Weltgesundheitsorganisation, WHO), Blessina Kumar (The Global Coalition of TB Advocates), Peter Kim (DAIDS, NIH) und Grania Brigden (Global Fund) die Thematik.
Auf der darauffolgenden UNITE4TB-Jahrestagung (11.-12. Mai) präsentierten alle 12 Arbeitsgruppen sowie weitere Projektgruppen ihre Aktivitäten. Darunter die Community Advisory Group (CAG), die eingerichtet wurde, um die Belange der von TB betroffenen Menschen in allen Phasen des Projekts zu vertreten, sowie die Young Investigators Group (YIG).
Der Projektkoordinator Professor Martin Boeree (Radboudumc) und der wissenschaftliche Leiter Professor Michael Hoelscher (LMU Klinikum) berichteten über den Stand des Projekts, die Herausforderungen und nächsten Schritte.
Im ersten Projektjahr wurden bereits wichtige Weichen gestellt. So wurde beispielsweise der Sponsor für die erste klinische Studie ausgewählt, und es wurden in einer Auswahlliste Prüfzentren in Europa, Asien, Afrika und Südamerika in die engere Wahl gezogen. Auch wurde ein Vorschlag für das klinische Studiendesign präsentiert und ein Ethikbeirat (EAB) eingerichtet, der sich aus fünf Experten aus vier WHO-Regionen zusammensetzt, die sich in ihrem Fachwissen ergänzen.
Die Hybrid-Veranstaltung dieses siebenjährigen, von der Innovative Medicines Initiative (jetzt Innovative Health Initiative) finanzierten Projekts, die vom LMU Klinikum mit Unterstützung von Lygature und Radboudumc ausgerichtet wurde, war ein großer Erfolg. Die Teilnehmenden verließen das Treffen voller Engagement und Motivation für das zweite Projektjahr.
TB-Symposium/Workshop: Ergebnisse in die erweiterte Forschungsgemeinschaft tragen
Im Vorfeld des Jahrestreffens richtete das Tropeninstitut am LMU Klinikum (Prof. Michael Hoelscher) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) am 9. und 10. Mai ein TB-Symposium in der Münchner Residenz aus. Ziel dieses Workshops war es, die aktuelle Forschung zu klinischen Phase-II-Studien im Bereich TB voranzutreiben.
Die Veranstaltung brachte führende internationale TB-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler zusammen, die ihre aktuelle Expertise präsentierten und auch konkurrierende Strategien diskutierten. Dadurch sollen künftig, auch im Rahmen der Thematischen Translationseinheit Tuberkulose des DZIF, das globale TB-Forschernetzwerk gestärkt und die Ergebnisse in die erweiterte Forschungsgemeinschaft getragen werden.
Auch im Vorfeld künftiger Jahrestreffen soll dieses Format eines wissenschaftlichen Workshops fortgesetzt und ein Treffen zentraler Akteure und Interessensgruppen im Bereich TB stattfinden.
Ermöglicht wird Deutschlands Engagement im internationalen UNITE4TB-Konsortium durch die Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Im Fokus steht hierbei insbesondere die Weiterentwicklung des Antibiotikums BTZ-043. Dies ist seit Jahrzehnten das erste in Deutschland entwickelte Antibiotikum, das durch eine Kooperation akademischer Institutionen erreicht wurde.
Der Wirkstoff wurde von Forscherinnen und Forschern des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) – entdeckt und wird im Rahmen der BMBF-geförderten Infektionsforschungsnetzwerke DZIF (Deutsches Zentrum für Infektionsforschung) und Zwanzig20-Konsortium InfectControl seit 2014 in einer Forschungskooperation durch das Leibniz-HKI und das Tropeninstitut am LMU Klinikum München partnerschaftlich weiterentwickelt. Gefördert wurde das Vorhaben auch durch den Freistaat Bayern und den Freistaat Thüringen. Die frühen klinischen Studien hat das neue Medikament bereits erfolgreich durchlaufen.
Um Tuberkulose wirkungsvoll behandeln zu können, ist es bisher notwendig, drei bis vier Medikamente zu kombinieren. Mit UNITE4TB geht es nun um den nächsten Schritt: wirksame Medikamentenkombinationen zu entwickeln. Im Konsortium stellen verschiedene Medikamentenhersteller in Kooperation ihre Wirkstoffkandidaten zur Verfügung, um diese Kombinationen möglich zu machen. Dies ist bislang einzigartig und hat zum Entschluss des Bundesforschungsministeriums geführt, diese öffentlich-private Kooperation mit 30 Millionen Euro zu unterstützen.