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Gefahr aus der Nase: Multiresistente Mitbewohner

15.03.2024

Professor Simon Heilbronner erforscht potenziell tödliche Staphylokokken und warum sie in manchen Nasen besonders gut gedeihen.

Jeder Dritte trägt das Bakterium Staphylococcus aureus in der Nase. Das ist erst einmal kein Grund zur Sorge: „In der Regel sitzt S. aureus einfach in der Nase und tut nichts“, sagt Infektionsbiologe Simon Heilbronner, seit April 2023 Professor für Mikrobiologie am Biozentrum der LMU. Auch in seiner eigenen Nase hat er den Keim gefunden. Als sogenannte opportunistische Krankheitserreger verursachen die Kokken nur dann Probleme, wenn sie die Gelegenheit dazu erhalten, zum Beispiel indem sie über offene Wunden in den Blutkreislauf eindringen.

Prof. Simon Heilbronner
© LMU / LC Productions

Dann jedoch ist S. aureus äußerst gefährlich: Der Erreger ist sehr gut darin, das menschliche Immunsystem auszuhebeln, weiße Blutkörperchen auszuschalten und sich an den Nährstoffen unserer Zellen zu bedienen. Letzten Endes führt das zu einer systemischen Infektion, die ohne Behandlung in einem septischen Schock gipfelt und im schlimmsten Fall zum Tod führen kann. Wenn es zur Infektion kommt, helfen nur noch hocheffektive Antibiotika – allerdings nur, wenn man Glück hat. Denn S. aureus gehört zu den berüchtigten Krankenhauskeimen, gegen die Medikamente immer schlechter wirken. „Weltweit nimmt Kolonisierung und Infektion durch sogenannte MRSA-Stämme des Bakteriums immer weiter zu. Sie sind gegen unsere besten Antibiotika komplett resistent“, so Heilbronner.

Antibiotika werden knapp

Noch habe man das Problem in Deutschland einigermaßen im Griff, etwa 7 bis 10 Prozent der Infektionen mit S. aureus in Krankenhäusern sind MRSA-Fälle. In Amerika ist der Anteil mit ca. 50 Prozent bereits deutlich höher. „Corona hat uns sehr eindringlich gezeigt, was passiert, wenn unbehandelbare Krankheiten auf ein Gesundheitssystem treffen, das nicht darauf vorbereitet ist“, sagt der Biologe. Im Falle von Antibiotika-Resistenz komme die Bedrohung nicht unerwartet: „Die Wissenschaft predigt seit 30 Jahren, dass man das nicht so weiterlaufen lassen kann. Aber leider ist es genauso wie beim Klimawandel – es ändert sich nicht genug und man läuft sehenden Auges in die Katastrophe.“

Das liegt auch daran, dass sich mit der Entwicklung neuer Antibiotika kein Geld verdienen lässt. Man steckt Millionen an Forschungs- und Entwicklungsgeldern in ein neues Medikament, das dann nicht zum Einsatz kommt, weil es als Reserveantibiotikum nur im Notfall benutzt werden darf. Hier müsste der Staat durch gezielte Förderung Anreize schaffen, an solchen Medikamenten weiterzuforschen. Außerdem fordern Expertinnen und Experten, Antibiotika gezielter und mit mehr Bedacht einzusetzen, damit keine neuen Resistenzen entstehen.

Mikrobiom für die richtigen Riecher

An diesem Punkt setzt auch Heilbronners Forschung an. Er will verstehen, warum S. aureus nur in bestimmten Nasen vorkommt. Sein Team nimmt hierbei insbesondere die anderen Bewohner des Riechorgans unter die Lupe. Beobachtungen haben nämlich gezeigt, dass bestimmte Bakterienarten das Wachstum gefährlicher Keime beeinträchtigen oder begünstigen. „Wenn wir es schaffen, in der Nase ein Mikrobiom zu fördern, das für S. aureus unwirtlich ist, könnten wir den Bedarf an Antibiotika reduzieren, indem wir Infektionen von vornherein verhindern“, erklärt Heilbronner.

Ein weiterer Ansatz ist die Entwicklung neuer diagnostischer Verfahren. Mit modernen Analysemethoden könnte man zukünftig das individuelle Infektionsrisiko überprüfen. Heilbronner nennt das proaktive Diagnostik. „Trägt der Patient hochinvasive Antibiotika-resistente Keime in sich, würde man dann zunächst nicht operieren, sondern vor dem Krankenhausaufenthalt erst die Nase sanieren.“ Beispielsweise mithilfe nasaler Probiotika könnte die bakterielle Besiedlung eines Tages so beeinflusst werden, dass S. aureus verdrängt wird. Und wer eine Klinik ohne gefährliche Erreger in der Nase betritt, kann sich bei Eingriffen nicht daran anstecken.

Seit dem Grundstudium fasziniert Heilbronner die Interaktion zwischen Bakterien und ihrem Wirt. Bereits im Zuge seiner Masterarbeit an der Universität Tübingen und der anschließenden Promotion am irischen Trinity College Dublin beschäftigte er sich mit verschiedenen Staphylokokken. Mit seinem Doktortitel kehrte er als Postdoktorand zurück nach Tübingen, wo er später eine Nachwuchsgruppe gründete und seine eigene Forschungsrichtung aufbaute. Diese verfolgt er nun als Professor an der LMU weiter: „Es ist toll, in einem Feld zu arbeiten, das sowohl wissenschaftlich, als auch gesellschaftlich von so großer Bedeutung ist.“

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