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KI-Fellowships für soziale Projekte

10.10.2024

Data Science for Social Good: Die LMU lädt jedes Jahr internationale Nachwuchsforschende ein, die mit ihrem Know-how gemeinnützige Institutionen unterstützen.

Auch in diesem Jahr haben sich wieder junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt aus dem Bereich Datenwissenschaften für den deutschen Ableger des Data Science for Social Good der University of Chicago beworben. Dabei halfen sie dem Nationalpark Bayerischer Wald, seine Besucherströme nachhaltiger zu steuern, und der International Organization for Migration, Fluchtbewegungen menschenwürdiger zu gestalten. Beide Projekte zeigen, wie Künstliche Intelligenz (KI) zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen kann.

Der Nationalpark Bayerischer Wald ist der älteste in Deutschland und wegen seiner idyllischen Natur mit mehr als 1,4 Millionen Gästen pro Jahr ein attraktives Ausflugsziel. Doch seine Beliebtheit macht dem Schutzgebiet zu schaffen, die beliebten Parkplätze sind vor allem an den Wochenenden schnell überfüllt. „Dann parken die Besucherinnen und Besucher einfach verbotenerweise am Straßenrand und laufen entsprechend abseits der gekennzeichneten Wege“, berichtet die 26-jährige Manpa Barman. Das gefährde die Sicherheit und störe die Tiere. Für einen nachhaltigen Tourismus sei es daher wichtig, die Touristenströme vorherzusagen, zu steuern und zu kontrollieren.

Manpa Barman ist keine Mitarbeiterin des Nationalparks. Die IT-Studentin kommt aus Indien und studiert aktuell IT an der Universität Stuttgart. Dieses Wissen nutzte sie, um gemeinsam mit ihrem Team von Data Science for Social Good 2024 (DSSGx) ein auf maschinellem Lernen basierendes Modell zur Vorhersage des Besucherverkehrs zu entwickeln. Zwar gibt es an den Eingängen des Nationalparks bereits 38 Sensoren. „Doch diese waren bisher recht heterogen und in unterschiedlichen Formaten gespeichert“, erklärt Barman. Durch ihre Arbeit wurden das Verständnis und die Analyse deutlich verbessert, was zu einer besseren Personalplanung und nachhaltigeren Ressourcenbewirtschaftung beiträgt – inklusive weniger Umweltverschmutzung und CO2-Emissionen.

Eine Gruppe Studierender steht im Nationalpark Bayerischer Wald.

IT-Studentin Manpa Barman (3. v. l.) und das Projektteam, das die Besucherströme im Bayerischen Wald analysierte.

© privat

Stipendien für Data Scientists

Das DSSG-Fellowship DSSGx München ist ein zweimonatiges Stipendienprogramm für talentierte Data Scientists, Statistiker und Sozialwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen aus aller Welt. Das Programm gibt es an der LMU seit 2023 und findet immer im August und September statt. Finanziert wird es durch das Munich Center for Machine Learning (MCML) und das Bayerische Staatsministerium für Digitales. Dabei arbeiten immer zwei rund fünfköpfige Data-Science-Teams zwei Monate lang an realen Alltagsproblemen öffentlicher oder gemeinnütziger Institutionen, für deren Lösung Ressourcen fehlen – sowohl in zeitlicher als auch in finanzieller Hinsicht. Das Projekt ist ein lokaler Zweig des DSSG-Programms der University of Chicago, an der Professor Rayid Ghani 2013 die Idee dazu hatte.

Migrationsströme vorhersagen

Vier Studierende bei einer Präsentation

Besprechung der Projektgruppe, die Daten analysierte, um Migration besser einzuschätzen. | © privat

Das zweite DSSGx-Team in München kooperierte mit einem Projekt der International Organization for Migration (IOM) aus Berlin, die ein Teil der Vereinten Nationen (UN) ist, mit Modellen des maschinellen Lernens. Ziel ist es, anhand offen zugänglicher Datenquellen die künftige Migration am Horn von Afrika vorherzusagen – im Osten des Kontinents fanden 2019 rund 30 Prozent der Bewegungen statt. „Dadurch sollen die Bedürfnisse von Migranten früher und besser erkannt, notwendige Maßnahmen ergriffen und Menschenleben gerettet werden“, erklärt María Belén Arvili. Sie kommt aus Buenos Aires, Argentinien, und studierte an der Universidad Nacional de San Martín unter anderem Urban Social Policies.

Als Grundlage dienten der 33-Jährigen und ihrem Team Datenbanken zu vergangenen Konflikten, politischen Ereignissen und dem Wetter. Anhand dieser und eigener Daten konnten sie ein Modell entwickeln, das künftige Migration bis zu sechs Monate im Voraus vorhersagen kann. „Wenn Migration gut gesteuert wird, kann es Gesellschaften verbessern“, ist die Geistes- und Computerwissenschaftlerin überzeugt. Dabei könne ihr Frühwarnsystem helfen. Ihre Erkenntnisse und Empfehlungen fließen nun in die weitere Arbeit des Global Data Institutes ein.

Aufmerksam auf das DSSG-Programm wurden sowohl Manpa Barman als auch María Belén Arvili durch einen Post des MCML beim beruflichen LinkedIn-Netzwerk. Warum sie ausgewählt wurden? „Vermutlich, weil wir uns neben Statistik und Mathematik auch für soziale Themen interessieren“, meint María Belén Arvili. Das stimmt. „Außerdem achten wir darauf, möglichst vielfältige Teilnehmende aus der ganzen Welt zusammenzubringen“, ergänzt Co-Programmleiter Jacob Beck. Welches Projekt sie bearbeiten, erfuhren alle Teilnehmenden erst nach ihrer Ankunft in München. „Ich war aber sofort Feuer und Flamme, als ich von dem Projekt im Bayerischen Wald gehört habe – und wurde glücklicherweise auch diesem zugeteilt“, erinnert sich Manpa Barman und lacht.

Profitieren von unterschiedlichen Perspektiven

Die Arbeit war für beide Teilnehmerinnen sehr erfüllend. Nicht nur wegen der positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft, sondern auch wegen des persönlichen Treffens in München und der diversen Teams. Mexiko, Indien, Pakistan, USA, Russland, Argentinien: Alle Fellows kamen aus unterschiedlichen Weltregionen und hatten unterschiedliche Backgrounds – von der Sozialwissenschaftlerin über den Datenwissenschaftler bis hin zu Fachleuten aus dem Elektroingenieurwesen. „Jeder hat andere Blickwinkel auf dasselbe Thema“, versichern sie unisono. Das sei zwar manchmal herausfordernd gewesen, habe aber immer großen Spaß gemacht – und zu den guten Projektergebnissen beigetragen.

Untergebracht waren die Fellows während der zwei Monate in Münchner Studierendenwohnheimen. Die Organisation sei hervorragend gewesen. Neben gemeinsamen kulturellen Erfahrungen, Picknicks im Englischen Garten, Ausflügen nach Neuschwanstein oder an den Königssee und dem obligatorischen Besuch auf dem Oktoberfest ging es für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch nach Berlin. Dort stellten sie im Deutschen Bundestag drei Abgeordneten ihre Projekte vor. Nach der Abschlussfeier waren alle etwas traurig. „Wir hoffen aber“, bestätigen beide, „dass wir auch in Zukunft weiter für ‚unsere‘ Projekte arbeiten können.“

In die Zukunft denkt auch schon Clara Strasser Ceballos, Co-Programmleiterin, denn „nach dem DSSGx ist vor dem DSSGx – und wir suchen jetzt schon nach neuen, spannenden Projekten und Projektpartnern, denen wir mit der Initiative im kommenden Sommer helfen können.”

Data Science for Social Good Munich: Infos zu Projekten, Teilnehmenden, Ausschreibung

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