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Knobeln in der Quantenwelt

06.10.2023

Arnaud Triay erschließt mit mathematischen Methoden die Welt der Quantenmechanik, wendet also Methoden der Mathematik auf die Physik an.

Eine der grundlegenden Gleichungen der Quantenmechanik ist die Schrödinger-Gleichung. Mit einem hypothetischen Supercomputer könnte man anhand dieser Gleichung theoretisch nahezu alle Veränderungen von Materiezuständen beschreiben, die im Universum passieren. Da uns diese Rechenleistung aber in der Praxis fehlt, ist die Physik auf einfachere mathematische Modelle angewiesen, die zwar weniger genau sind, dafür aber für Vorhersagen verwendet werden können. Und hier kommt Arnaud Triay ins Spiel, seit September 2022 Professor für Analysis und Mathematische Physik an der LMU: „Ausgehend von der Grundgleichung leite ich Modelle ab und überprüfe, ob sie mit der Literatur übereinstimmen.“ Seine Werkzeuge dafür: Stift und Papier oder eine Tafel – und eine Menge neuer Ideen.

Nach seinem Mathematikstudium an der École Normale Supérieure in Lyon promovierte Triay in Paris an der Ceremade – Université Paris-Dauphine. „Ich habe sowohl die Physik wie auch die Exaktheit der Mathematik schon immer geliebt“, sagt er. Bereits für seinen Postdoc kam er an die LMU. „München ist als Hotspot der Quantenmechanik bekannt. Hier gibt es eine der höchsten Konzentrationen an Experten für Mathematische Physik, die sich mit der Quantenwelt beschäftigen.“

Professor Triay mit Brille und in olivem T-Shirt mit leichter Gestik vor einer Kreidetafel mit zahlreichen mathematischen Berechnungen.

Professor Arnaud Triay forscht an der Schnittstelle von Mathematik und Physik.

© LC Productions

Spielwiese Grundlagenforschung

Arnaud Triay ist einer der leitenden Wissenschaftler in einem Sonderforschungsbereich (SFB), der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert wird. In dem dazugehörigen Projekt beschäftigt er sich mit der Herleitung spezieller Modelle in Verbindung mit sogenannten Bose-Einstein-Kondensaten. Das Universum besteht vereinfacht gesagt aus zwei Arten von Teilchen: Bosonen und Fermionen. Letztere begegnen uns am häufigsten, weil sie die Teilchen bilden, aus denen die Materie um uns herum besteht. Sie können nicht gleichzeitig am selben Ort sein, weswegen man auf einem Stuhl sitzen kann, ohne durch ihn hindurchzufallen. Bosonen hingegen haben diese Eigenschaft nicht, sie verhalten sich gemäß der sogenannten Bose-Einstein-Statistik, die besagt, dass mehrere ununterscheidbare Teilchen den gleichen Zustand einnehmen können. „Für Physiker sind Bosonen-Systeme eine gute Spielwiese, um ihre Theorien zu testen“, erklärt Triay. „Auf diese Weise können die Modelle immer weiter verbessert werden.“

Obwohl Grundlagenforscher durch und durch, gefällt Triay der Gedanke, dass die Quantenmechanik heute auch ganz konkrete Anwendung findet, zum Beispiel bei der Entwicklung neuer Medikamente oder in Transistoren. Das Gebiet sei ursprünglich von reinen Theoretikern erschlossen worden, die weniger an einem praktischen Nutzen interessiert waren als daran, die Grenzen des Wissens zu erweitern. Trotzdem habe dies zu sehr praktischen Ergebnissen geführt. „Quantenmechanik beeinflusst unser Leben in vielerlei Hinsicht, ohne dass wir uns dessen bewusst sind, meint Triay.

Was er an seiner Arbeit besonders schätzt, ist die Vielseitigkeit. Viele Mathematiker seien auf ein ganz bestimmtes Teilgebiet fokussiert. „Das Schöne an meinem Bereich ist, dass er breit gefächert ist und viele Seiten der Mathematik berührt“, sagt er. „Die Arbeit an dieser Schnittstelle macht mir große Freude.

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