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Künstliche Intelligenz verbessert personalisierte Krebsbehandlung

30.01.2025

Forschende von LMU, der Universität Duisburg-Essen und der TU Berlin haben ein Tool entwickelt, das komplexe Wechselwirkungen entschlüsseln kann.

Professor Frederick Klauschen, Direktor des Pathologischen Instituts der LMU

Professor Frederick Klauschen ist Direktor des Pathologischen Instituts der LMU. | © LMU

Personalisierte Medizin zielt darauf ab, die Behandlungen auf einzelne Patientinnen und Patienten maßzuschneidern. Bisher geschieht das anhand einer geringen Anzahl an Parametern, mit denen der Krankheitsverlauf vorhergesagt werden soll. Um aber die komplexen Zusammenhänge bei Krankheiten wie Krebs zu verstehen, reichen diese wenigen Werte oft nicht aus. Ein Forschungsteam der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE), der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und des Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD) an der Technischen Universität Berlin hat durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) für dieses Problem nun einen neuen Lösungsansatz entwickelt.

Basierend auf der Smart Hospital-Infrastruktur des Universitätsklinikums Essen führten die Forschenden Daten aus verschiedenen Quellen – medizinische Vorgeschichte, Laborwerte, Bildgebung und genetische Analysen – zusammen, um die klinische Entscheidungsfindung zu erleichtern. „Obwohl in der modernen Medizin riesige Mengen an klinischen Daten verfügbar sind, bleibt das Versprechen einer wirklich personalisierten Medizin oft noch unerfüllt“, so Professor Jens Kleesiek vom Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM) am Universitätsklinikum Essen und dem Cancer Research Center Cologne Essen (CCCE).

Zusammenspiel von 350 Parametern untersucht

In der onkologisch-klinischen Praxis werden bislang eher starre Bewertungssysteme wie die Einteilung in Tumorstadien verwendet, die individuelle Unterschiede wie Geschlecht, Ernährungszustand oder Begleiterkrankungen kaum berücksichtigen. „Mithilfe moderner KI-Technologien, insbesondere erklärbarer Künstlicher Intelligenz, kurz xAI, können diese komplexen Beziehungen entschlüsselt und die Krebsmedizin deutlich stärker personalisiert werden“, so Professor Frederick Klauschen, Direktor des Pathologischen Instituts der LMU und Forschungsgruppenleiter am BIFOLD, wo dieser Ansatz mit Professor Klaus-Robert Müller entwickelt wurde.

Für die kürzlich in Nature Cancer veröffentlichte Studie trainierten die Forschenden die KI mit Daten von über 15.000 Patientinnen und Patienten mit insgesamt 38 verschiedenen soliden Tumorerkrankungen. Dabei wurde das Zusammenspiel von 350 Parametern untersucht, darunter klinische Daten, Laborwerte, Daten aus bildgebenden Verfahren und genetische Tumorprofile. „Wir haben Schlüsselfaktoren identifiziert, die einen Großteil der Entscheidungsprozesse des neuronalen Netzwerks ausmachten, sowie eine Vielzahl prognostisch relevanter Wechselwirkungen zwischen den Parametern“, erklärt Dr. Julius Keyl, Clinician Scientist am Institut für KI in der Medizin (IKIM).

Transparente Entscheidungsfindung

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Das KI-Modell wurde dann erfolgreich anhand der Daten von über 3.000 Lungenkrebspatientinnen und -patienten überprüft, um die gefundenen Wechselwirkungen zu validieren. Die KI kombiniert die Daten miteinander und ermittelt daraus eine Gesamtprognose für jeden Erkrankten. Als erklärbare KI macht das Modell seine Entscheidungsfindung für das behandelnde Personal nachvollziehbar, denn es zeigt, wie jeder einzelne Parameter zu dieser Prognose beigetragen hat.

„Unsere Ergebnisse zeigen das Potenzial von Künstlicher Intelligenz, klinische Messwerte nicht einzeln, sondern im Zusammenhang zu betrachten, neu zu bewerten und so eine personalisierte, datengetriebene Krebstherapie zu ermöglichen“, so Dr. Philipp Keyl von der LMU. Die KI-Methode könnte zukünftig auch in Notfällen angewendet werden, bei denen es lebenswichtig ist, diagnostische Parameter möglichst schnell in ihrer Gesamtlage beurteilen zu können.

Die Forschenden hoffen außerdem, auf diese Weise auch komplexe, krebsübergreifende Zusammenhänge zu entschlüsseln, die mit herkömmlichen statistischen Methoden bisher unentdeckt geblieben sind. „Im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Verbindung mit weiteren onkologischen Netzwerken, wie dem Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF) haben wir die idealen Voraussetzungen, um nun den nächsten Schritt zu gehen: Den Nachweis eines echten Patientennutzens unserer Technologie im Rahmen klinischer Studien zu erbringen“ ergänzt Professor Martin Schuler, Geschäftsführender Direktor des Standorts NCT West und Leiter der Medizinischen Onkologie am Universitätsklinikum Essen.

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