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Mitarbeiterführung: Besser arbeiten mit Boni?

22.10.2024

Forschende der Volkswirtschaftlichen Fakultät untersuchen, ob monetäre Anreize die Leistung von Teams verbessern.

Büro-Beschäftigte in einem Großraumbüro

Was bringt ein Team zu mehr Leistung? Ein gemeinsames Ziel und Boni können helfen, zeigt die LMU-Studie. | © IMAGO / ingimage

Dominik Grothe verantwortet die Forschungsinfrastrukturen der Volkswirtschaftlichen Fakultät der LMU und hat gemeinsam mit Professor Florian Englmaier untersucht, wie Team-Boni bei Nicht-Routine-Aufgaben wirken, die analytische Fähigkeiten und Zusammenarbeit im Team erfordern – was in der modernen Arbeitswelt immer wichtiger wird. Ihre Forschung zeigt, dass monetäre Anreize die Leistung der Teams verbessern und einen Einfluss darauf haben können, wie Teams zusammenarbeiten. Im Interview erklärt Dominik Grothe, was die Ergebnisse für Unternehmen bedeuten können.

Wir bekommen alle ein Gehalt dafür, dass wir arbeiten. Warum zahlen manche Unternehmen zusätzlich Boni?

Dominik Grothe: Bonuszahlungen sollen Mitarbeitende motivieren, über ihren normalen Einsatz hinauszugehen. Es ist jedoch fraglich, wie effektiv das in der heutigen Arbeitswelt ist, in der es immer häufiger analytische Aufgaben gibt, die in Teams bearbeitet werden. Bei einem Team von Softwareentwicklerinnen und -entwicklern zum Beispiel ist es schwierig, den individuellen Beitrag zur Teamleistung exakt zu bestimmen. Bei kognitiven Aufgaben lässt es sich nur schwer an konkreten Zahlen festmachen, wie sehr sich jemand anstrengt. Am Ende sieht man lediglich das Ergebnis. Wir wollten daher in einer Studie herausfinden, ob Teams, die an analytischen Nicht-Routine-Aufgaben arbeiten, sich durch Bonuszahlungen motivieren lassen und besser werden. Das Ergebnis zeigt: Wenn man Teams einen solchen Anreiz gibt, verbessert das tatsächlich ihre Leistung.

Sie haben für Ihre Studie ein Exit-Game genutzt, also ein Spiel, bei dem eine Gruppe die Aufgabe erhält, gemeinsam den Weg aus einem geschlossenen Raum zu finden. Warum haben Sie sich dafür entschieden und wie sind Sie vorgegangen?

Wir haben ein Setting gesucht, in dem mehrere Teams an einer analytischen Nicht-Routine-Aufgabe arbeiten, die Performance messbar ist und in dem wir variieren können, ob es Bonusanreize gibt oder nicht. Unser Kollege David Schindler hatte die Idee, dafür einen Escape-Room zu nutzen, da diese Aktivität die Zusammenarbeit im Team und analytisches Denken erfordert. Wir haben das Experiment zuerst mit regulären Kunden eines Anbieters in München durchgeführt. Ein Teil der Teams erhielt einen Bonusanreiz: Sie wussten, dass sie 50 Euro bekommen würden, wenn sie den Raum innerhalb von 45 Minuten verlassen. Die Kontrollgruppe hatte keinen Anreiz. Die Ergebnisse zeigen, dass die Teams mit Bonusanreiz besser abschnitten: Sie schafften es häufiger, den Escape-Room in 45 Minuten und auch innerhalb der maximalen Zeit von 60 Minuten zu lösen.

Boni verändern den Charakter der Zusammenarbeit

Wie ist es den Teams gelungen, besser zu sein als die anderen?

Um darauf eine Antwort zu erhalten, haben wir das Experiment noch einmal mit Studierenden durchgeführt, denen wir im Nachhinein Fragen stellen konnten. Es zeigte sich, dass sich die Organisation der Teams veränderte: Sie gruppierten sich endogen um eine Führungsperson, die die Gruppe koordinierte.

Was bedeutet das für den Alltag in Unternehmen? In der echten Welt suchen Teams ihre Führungskräfte in der Regel nicht selbst aus.

In vielen Fällen existieren in der modernen Arbeitswelt tatsächlich keine klaren Führungsstrukturen. Unsere Erkenntnisse können daher besonders für agil arbeitende Teams beziehungsweise Teams mit flachen Hierarchien von Interesse sein. In einer weiteren Studie haben wir in Teams von Studierenden zufällig eine Führungsperson exogen festgelegt und festgestellt, dass dies nicht gut funktioniert. Die Teams, die die Führungsrolle intern selbst besetzt haben, schnitten besser ab. Aktuell analysieren wir die Daten, um herauszufinden, wer als Führungsperson ausgewählt wurde und was eine gute Führungskraft ausmacht. Dafür werten wir Audioaufnahmen sowie die Bewegungen der Personen im Raum während der Aufgabe aus.

Das Team weiß, wer am besten führt

Dominik Grothe

Fördern Team-Boni die Produktivität? Nicht immer, weiß LMU-Ökonom Dominik Grothe. | © privat

Was war denn für den Erfolg der Teams in Ihrer Studie ausschlaggebender: der Bonus oder die selbstgewählte Führungskraft?

Es scheint ein entscheidender Faktor zu sein, dass sich in der Gruppe jemand aufgetan hat, der die Führungsrolle übernommen und das Team koordiniert hat. Der Bonus war wahrscheinlich der Auslöser dafür. Der monetäre Anreiz führt offenbar dazu, dass die Personen ein stärkeres gemeinsames Interesse haben und noch koordinierter agieren wollen.

Könnte es für Unternehmen interessant sein, solche endogenen Strukturen zu unterstützen?

Ja, es wäre ein Ansatz, um Teams zu mehr Zufriedenheit und höherer Leistung zu führen. In einer anderen Studie mit 3.000 Verantwortlichen aus Personalabteilungen haben wir festgestellt, dass die Rolle der Wahl einer Führungsperson für den Erfolg eines Teams eher unterschätzt wird. Ich bin überzeugt, dass solch endogene Strukturen an Bedeutung gewinnen werden, insbesondere in jungen Unternehmen. Es passt in meinen Augen auch zu den Vorstellungen der Gen Z, dass sich aus der Gruppe heraus ergibt, wer die Führung übernimmt, und dass diese Rolle je nach Aufgabe auch wechseln kann. Allerdings wird es mit zunehmender Unternehmensgröße schwieriger, flache Hierarchien aufrechtzuerhalten.

Ihre Ergebnisse scheinen klar für Boni zu sprechen oder gibt es auch Gegen-Argumente?

Boni können auch zu Stress führen. In unserem Experiment mit den Studierenden haben wir beobachtet, dass sie in der Bonussituation etwas gestresster waren. Dabei ging es in unserem Experiment nur um eine einstündige Aufgabe. Die Frage ist: Wie verändert sich das, wenn die Bonussituation über ein halbes Jahr oder Jahr hinweg besteht? Trägt ein Bonusanreiz dann lediglich dazu bei, dass die Mitarbeitenden ihre Leistung steigern, oder erhöht er auch den Stresslevel, was langfristig negative Konsequenzen haben könnte? Diese Aspekte sind ein wichtiger Faktor, den Unternehmen berücksichtigen sollten.

Wann Lohnunterschiede akzeptiert werden

Wie wichtig ist Transparenz bei Boni-Zahlungen?

Sobald Menschen anfangen, sich zu vergleichen, und das ist bei monetären Anreizen häufig der Fall, wird es kompliziert. Entscheidend ist, wie der Bonus strukturiert ist: Wird er ans Team oder individuell ausgezahlt? Studien zeigen, dass Lohnunterschiede akzeptiert werden, wenn sie nachvollziehbar begründet sind. Aber Transparenz hat auch ihre Risiken. Die zentrale Frage bleibt: Lassen sich unterschiedlich hohe Boni überzeugend begründen? Bei Routineaufgaben ist es leicht erkennbar, wer beispielsweise mehr produziert hat. Aber wie bewertet man das bei Nicht-Routine-Aufgaben? Du hast mehr nachgedacht, mehr Code geschrieben, mehr Analysen erstellt oder mehr Artikel verfasst? Solche Leistungen sind schwer vergleichbar, besonders wenn man dabei auch die Qualität berücksichtigt. Aber wenn es sich gut begründen lässt und es klare Kriterien gibt, ist Transparenz der bessere Weg.

In Ihrer Studie gab es den Bonus einmalig. In Unternehmen wird er oft jährlich ausgezahlt. Besteht die Gefahr, dass sich Mitarbeitende an die Extrazahlung gewöhnen, sodass der Effekt sich nivelliert?

Es gibt Studien, die zeigen, dass die Leistung und Zufriedenheit bei einem Gehaltszuwachs zunächst zunehmen, aber das höhere Gehalt schnell zum neuen Referenzpunkt wird. In der Folge nimmt ein möglicherweise kurzfristiger Anstieg der Produktivität wieder ab. Auch die Höhe des Gehalts kann eine entscheidende Rolle spielen, wie Boni wirken. Ab einem gewissen Gehalt gewinnen andere Faktoren wie flexible Arbeitszeiten, eine verkürzte Arbeitswoche und familienfreundliche Maßnahmen an Bedeutung. Monetäre Anreize waren und sind ein wichtiger Faktor, aber für Unternehmen geht es aktuell ja nicht nur darum, Mitarbeitende dazu zu bringen, noch bessere Leistung zu erbringen. Sie stehen auch vor der Herausforderung, Talente zu gewinnen und langfristig zu binden.

Publikation:

Florian Englmaier, Stefan Grimm, Dominik Grothe, David Schindler, Simeon Schudy: The Effect of Incentives in Non-Routine Analytical Team Tasks. In: Journal of Political Economy 2024

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