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Naturstoffe im Wirkungs-Check

10.09.2024

Neuberufen: Der Pharmazeut Robert Fürst untersucht die Wirkmechanismen von Naturstoffen und identifiziert potenzielle Arzneistoffe.

Aspirin, Morphin und Penicillin gehören zu den bekanntesten Beispielen: Viele Medikamente basieren auf heilsam wirkenden Naturstoffen – und auch in der Zukunft werden Extrakte aus Pflanzen, Pilzen oder Mikroorganismen in der Pharmazie und Medizin eine wichtige Rolle spielen. Welche Substanzen sind wirksam und an welchen Strukturen im Körper greifen sie an? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Professor Robert Fürst in seiner Forschung. Der Pharmazeut ist seit Ende 2023 Inhaber des Lehrstuhls für Pharmazeutische Biologie an der LMU.

Seine Berufung ist für Fürst eine Rückkehr an den Ort, an dem seine wissenschaftliche Karriere mit dem Studium der Pharmazie begonnen hat. 2001 erhielt er die Approbation als Apotheker. „Pharmazie fand ich faszinierend, weil es ein sehr interdisziplinäres Fach ist“, sagt Fürst: Die Spanne reiche von der Molekularbiologie bis hin zu großtechnischen Anlagen zur Produktion von Tabletten und Zäpfchen. Den Lehrstuhl, den er nun übernommen hat, lernte er bereits als Praktikant bei seiner Vorgängerin Professorin Angelika Vollmar kennen – und blieb von der Promotion bis zur Habilitation. Anschließend übernahm er 2012 eine Professur für Pharmazeutische Biologie an der Universität Frankfurt, wo er bis zu seinem Wechsel an die LMU als Leiter eines Arbeitskreises forschte. „An einen so großen und renommierten Lehrstuhl zu kommen, an dem man selbst einmal angefangen hat, ist natürlich ein Sechser im Lotto“, freut sich Fürst.

Professor Fürst ist im Jacket und Anzug vor einer Fensterfront zu sehen. Seitlich links von ihm steht eine große Pflanze.

Professor Robert Fürst

© LMU/LC Productions

Entzündungshemmer aus der Natur

Naturstoffe aus Pflanzen waren die ersten Arzneistoffe, die die Menschheit zur Verfügung hatte. „Auch heute noch lebt unser Arzneimittelschatz davon, dass wir Naturstoffe untersuchen“, betont Fürst. Nur ein Viertel der Arzneistoffe, die in den letzten drei bis vier Dekaden auf den Markt kamen, sei rein auf dem „Reißbrett von Chemikern“ entstanden. Alles andere sei „Inspired by Nature“ gewesen. Deshalb könnten Klimawandel und Biodiversitätskrise auch aus pharmazeutischer Perspektive dramatische Folgen haben, denn mit verschwindenden Arten beraube man sich auch eines potenziellen Arzneistoffschatzes.

Der Schwerpunkt von Fürsts Forschung liegt darauf, neue entzündungshemmende Naturstoffe zu identifizieren und ihre Wirkungsweise auf zellulärer und molekularer Ebene aufzudecken. Die Proben, die ihm meist von Kooperationspartnern aus der Biotechnologie und Chemie zur Verfügung gestellt werden, unterzieht er einem sogenannten High-Content-Screening, mit dem er die Wirkung seiner Stoffe auf Endothelzellen und Leukozyten untersucht. Diese Zelltypen spielen bei Entzündungsprozessen eine Schlüsselrolle. „Bei jeder Entzündungsreaktion müssen die weißen Blutkörperchen, die Leukozyten, aus dem Blut durch die Endothelzellschicht ins Gewebe gelangen“, erläutert Fürst. „Diese Interaktion ist der Schlüssel, an dem wir forschen."

Neue Einblicke in zelluläre Prozesse

Derzeit analysiert er vor allem pflanzliche Verbindungen und Stoffe aus Myxobakterien. „Diese Bakterien breiten sich räuberisch in der Natur aus und machen viele spannende chemische Strukturen“, sagt Fürst. Grundsätzlich soll am Ende der Untersuchungen möglichst ein translationaler Ansatz stehen, der eine Überführung der Ergebnisse in die Praxis vorantreibt. „Das machen aber nicht wir, wir arbeiten rein zellbiologisch.“ Der Pharmazeut betont, dass er grundlagenforschungsnah forscht. Oft sei es nicht das Ziel, einen Naturstoff direkt als Arzneistoff zu verwenden. Auch, weil diese Moleküle Eigenschaften haben können, die für eine direkte Verwendung ungünstig sind. Häufig dienen die Stoffe eher als „Tool Compounds" – Werkzeuge, die neue Einblicke in zelluläre Prozesse und mögliche therapeutische Ansätze bieten.

Ein Beispiel ist etwa Annomontin, ein Stoff aus einer tropischen Baumart, von dem Fürst einige Derivate untersucht hat. „Die Derivate haben sicherlich keine guten Arzneistoff-Eigenschaften“, sagt Fürst. „Aber durch unsere Untersuchungen haben wir entdeckt, dass bestimmte Enzyme, die von Annomontin adressiert werden, bei Angiogenese-Prozessen, die auch mit Entzündungen zu tun haben, eine Rolle spielen.“

Exzellente Berufsaussichten für Studierende

Zusätzlich zur Forschung liegt Fürst auch die Lehre sehr am Herzen. An der LMU wird Pharmazie sowohl als Staatsexamens-Studiengang als auch als Bachelor- und Master-Studium angeboten. „Den Bachelor Pharmaceutical Sciences gibt es nicht oft, damit zeichnen wir uns tatsächlich als etwas Besonderes aus“, sagt Fürst. Als besondere Herausforderung in der Lehre betrachtet er, sowohl die Grundlagen der Pharmazeutischen Biologie zu vermitteln als auch die neuesten Entwicklungen in der Arzneimittelforschung in die Lehre zu integrieren. „Jährlich gibt es etwa 30 bis 40 neue Arzneistoffe. Dabei up to date zu bleiben, die Grundlagen nicht zu vergessen und den Stoff für die Studierenden nicht völlig überbordend werden zu lassen, ist alles andere als trivial.“ Unabhängig vom Abschluss haben die Studierenden exzellente Berufsaussichten, betont Fürst. Pharmazeutische Berufe seien Mangelberufe, und besonders jetzt, da die Babyboomer in Rente gingen, suchten viele Apotheken händeringend Personal. „Der Arbeitsmarkt saugt die Absolventinnen und Absolventen auf wie ein Schwamm.“

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