Der LMU-Astrophysiker erhält die Auszeichnung für seine Modellierung von Staubfallen in protoplanetaren Scheiben – die Vorhersagen lösen ein seit Langem bestehendes Rätsel bei der Bildung von Planeten.
Die amerikanische Breakthrough Prize Foundation gab heute die Gewinner der Breakthrough Prizes 2024 bekannt, mit denen Forscherinnen und Forscher für bedeutende wissenschaftliche Entdeckungen geehrt werden. Neben den Hauptpreisen in den Bereichen Grundlagenphysik, Biowissenschaften und Mathematik werden dabei mit den „New Horizons“-Preisen auch sechs Auszeichnungen für aufstrebende, junge Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vergeben. Einen dieser begehrten Preise erhält der LMU-Astrophysiker Til Birnstiel gemeinsam mit Laura M. Pérez (Universidad de Chile), Paola Pinilla (University College London) und Nienke van der Marel (Leiden Observatory) für die „Vorhersage, Entdeckung und Modellierung von Staubfallen in jungen zirkumstellaren Scheiben, die ein seit Langem bestehendes Problem der Planetenbildung lösen.“
Birnstiel erforscht mit seinem Team die Entstehung von Planeten sowie die Struktur und Entwicklung sogenannter protoplanetarer Scheiben, den Geburtsstätten von Planeten. „Genauer gesagt beschäftige ich mich mit der Dynamik fester Teilchen in diesen Scheiben und wie sie zu Planeten heranwachsen“, erklärt der Physiker.
Wir fangen an zu verstehen, dass diese Staubfallen zahlreiche Probleme der Planetenentstehung auf einmal lösen können. Sie sind die Orte, an denen der Staub sich sammelt und anwachsen kann. Erst dadurch entstehen die Bedingungen, um Asteroiden und schließlich auch Planeten zu erzeugen.
Prof. Til Birnstiel
Wie aus Staub Planeten entstehen
Junge Sterne und die sie umgebenden Scheiben sind aus interstellarer Materie aufgebaut, die höchstens mikrometergroße Staubteilchen enthält. Dieser kleine Staub ist das Material, aus dem sich Planeten bilden. „Die Mechanismen, die zu einem Wachstum um mehr als 45 Größenordnungen führen, sind noch wenig verstanden“, sagt Birnstiel. Er erforscht daher, wie Körner von klein auf groß wachsen können und wie sie in der Scheibe verteilt und transportiert werden. Offenbar entstehen dabei regelrechte Staubfallen. „Wir fangen an zu verstehen, dass diese Staubfallen zahlreiche Probleme der Planetenentstehung auf einmal lösen können“, sagt Birnstiel. „Sie sind die Orte, an denen der Staub sich sammelt und anwachsen kann. Erst dadurch entstehen die Bedingungen, um Asteroiden und schließlich auch Planeten zu erzeugen.“ Birnstiels Arbeiten dazu sind nun ausgezeichnet worden.
Seine Arbeitsgruppe an der LMU hat sich darauf spezialisiert, die grundlegenden Prozesse dahinter mit Hilfe theoretischer Arbeiten und Computersimulationen zu untersuchen. Die Forschenden analysieren beispielsweise, wie die Substrukturen in den Scheiben entstehen und sich entwickeln, ob die Scheiben bereits Planeten beherbergen oder ihr späteres Aussehen durch ganz andere Prozesse bestimmt wird und ob ihre Modelle helfen können, die Entstehung unseres eigenen Sonnensystems zu verstehen. Um seine Theorien zu überprüfen, ist Birnstiel auch an zahlreichen Beobachtungsprogrammen beteiligt, unter anderem am Very Large Telescope (VLT) und am Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) Radio-Observatorium in Chile. Seine Arbeiten wurden mit Preisen vom Europäischen Forschungsrat (ERC) und von der Deutschen Astronomischen Gesellschaft ausgezeichnet.
Der Breakthrough Prize wurde 2012 von den Sponsoren Sergey Brin, Priscilla Chan, Mark Zuckerberg, Julia und Yuri Milner und Anne Wojcicki gegründet und ist der hochdotierter Wissenschaftspreis, der jährlich verliehen wird. Die fünf Hauptpreise (einer in der Grundlagenphysik, drei in den Biowissenschaften und einer in der Mathematik) sind mit jeweils 3 Millionen Dollar dotiert, die Preise für Nachwuchswissenschaftler (New Horizons Prizes in Physik und Mathematik) mit 100.000 Dollar.