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Prüfungszeit: „Endlich zeigen können, was man draufhat“

21.02.2023

Vorfreude statt Angst vor Prüfungen: Studienberaterin Mirjam Eisermann über richtige Vorbereitung und den Umgang mit Stress.

Studienberaterin Mirjam Eisermann

Studienberaterin Mirjam Eisermann

coacht Studierende vor Prüfungen. | © privat

Positive Glaubenssätze, Lernen aus mehreren Perspektiven und ausreichend Schlaf: Dazu rät Mirjam Eisermann von der Zentralen Studienberatung der LMU Studierenden vor einer Prüfung. Im Workshop „Prüfungsglück statt Prüfungsangst“ gibt sie Tipps zur richtigen Vorbereitung – und zu Methoden der Selbstregulierung, falls Stress aufkommt.

Frau Eisermann, was genau macht Studierenden Angst, wenn Prüfungen anstehen?

Mirjam Eisermann: Viele haben Angst zu scheitern, im Ansehen zu sinken, zu enttäuschen – oder konkret, das eigene Versagen im Gesicht des Prüfers zu sehen. Prüfungsangst ist eine Sonderform der sozialen Bewertungsangst, da es um die persönliche Leistung geht und somit der Selbstwert gefährdet scheint. Doch man muss sich klarmachen, dass bei einer Prüfung zwar die eigene Leistung, nicht aber die eigene Person bewertet wird.

Warum werden Prüfungen als Stress empfunden? Und kommt das von Angst?

Ein gewisser Stress, den die meisten von uns in einer Prüfung erleben, kann aktivieren – und durchaus die Leistung fördern! Wird er aber übermächtig und lähmt unsere Gedanken, spricht man von Prüfungsangst.

Unser Gehirn – genau genommen die Amygdala – stuft die Prüfungssituation dann als bedrohlich ein und aktiviert entsprechende Reaktionen: Fight, Flight oder Freeze. Diese waren prähistorisch im Angesicht eines Säbelzahntigers lebensrettend – in einer Uni-Prüfung helfen sie nicht.

Eine Ihrer Veranstaltungen bei der Zentralen Studienberatung heißt „Prüfungsglück statt Prüfungsangst“. Wie kann das gelingen?

Mit richtiger Vorbereitung und bestimmten Methoden kann es tatsächlich gelingen, Prüfungen entspannt entgegenzusehen und sich in gewisser Weise darauf zu freuen, endlich mal zu zeigen, was man draufhat, was man gelernt hat.

In Vorträgen spreche ich oft von den drei Säulen des Prüfungsglücks: Erstens eine gute Vorbereitung in jeder Hinsicht, zweitens ein gutes körperliches und emotionales Selbstmanagement und drittens – gerade bei Prüfungsangst – wirkungsvolle Methoden zur Stressregulation.

Gut vorbereiten

Workshops zu Studierkompetenz, Studienzweifel und Co.

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Wie kann eine gute Vorbereitung aussehen?

Was überhaupt nicht hilft, ist am Tag vor der Prüfung noch panisch Lernlücken aufzufüllen. Stattdessen ist längerfristige Vorbereitung gefragt. Zum einen gilt es, Unsicherheiten in Bezug auf die formalen, praktischen Aspekte der Prüfung zu beseitigen. Was und wie wird geprüft? Wie läuft die Prüfung ab? Wie komme ich hin?

Es kann sich auch lohnen, schon Tage vor einer großen Prüfung, für den Tagesstart „aktivierende“ Routinen zu etablieren, um dem Organismus zu signalisieren: Morgens um 8 sind wir bereit!

Zum anderen muss vor einer Prüfung der Stoff richtig aufbereitet und verinnerlicht werden. Oft hangeln sich Studierende aber noch mit Lernmethoden aus der Schule durch die ersten Semester und stellen dann fest, dass lineares reines Auswendiglernen hier nicht mehr funktioniert. Stattdessen ist ganzheitliches systematisierendes Lernen gefragt, das sich dem Thema aus verschiedenen Perspektiven nähert. Es lohnt sich, andere Studierende nach ihren Lerntipps zu fragen und die Unterstützungsangebote der Uni zu nutzen.

Welche sind das?

Zuallererst würde ich Hilfe im eigenen Fachbereich suchen – für eine spezielle Prüfung oder generell zur Prüfungsvorbereitung. Unterstützung etwa bei Schreibblockaden bei Hausarbeit, Essay oder Dissertation bietet das Schreibzentrum. Für die Zentrale Studienberatung (ZSB) habe ich die Reihe „Studier- und Prüfungskompetenz“ ins Leben gerufen. Diese beginnt am Anfang des Semesters mit Workshops zu Arbeits- und Lerntechniken, in der Semestermitte geht es um Motivation und Probleme wie das Aufschieben und sie endet mit der besagten Veranstaltung zum Prüfungsglück.

Auf die Gesundheit achten

Wie sieht die zweite Säule auf dem Weg zum Prüfungsglück, das gute Selbstmanagement, aus?

Prüfungserfolg hängt stark von meiner körperlichen und geistigen Gesundheit ab. Das unterschätzen viele. Was den Körper angeht, sind genügend Schlaf und ausreichendes Trinken besonders entscheidend. Zudem ist auf Pausen, eine gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung zu achten. Manchen Studierenden hilft es, am Morgen vor der Prüfung eine Runde zu laufen oder Yoga zu machen.

Was die emotionale Gesundheit angeht, tragen wir oft „negative Glaubenssätze“ mit uns herum – manche von verpatzten Prüfungen, andere seit unserer Kindheit. Diese gilt es in positive Gedanken umzuwandeln. Sätze wie „Bestimmt bekomme ich wieder einen Blackout“ schwächen die Zuversicht, gut abzuschneiden. Besser ist ein Gedanke wie: „Diesmal ist es anders, weil ich gut vorbereitet bin und mir in so einer Situation zu helfen weiß!“

Aber auch eine schöne Freizeitgestaltung mit Freunden und Familie ist essenziell, um leistungsfähig, gesund und entspannt durch die Prüfungszeit zu kommen.

Oft hilft es auch, sich klarzumachen, dass die Prüfung selbst ja nur kurz und bald vorbei ist – und wie schön die Zeit danach sein wird. Vielleicht plant man schon etwas wie einen Ausflug in die Berge? Eine Jura-Studentin buchte einmal einen Flug in den Urlaub für wenige Stunden nach ihrem Staatsexamen. Ein Ziel, auf das hinzuarbeiten sich lohnte!

Blackout und Panik begegnen

Aber was, wenn trotz aller Vorbereitung doch die Angst hochkommt?

Als dritte Säule lernen Studierende in unseren Veranstaltungen Methoden der Selbstregulierung. Dabei geht es darum, sich mit verschiedenen Techniken wieder zu fokussieren. Man kann sich an seine positiven Glaubenssätze erinnern oder vorher eingeübte „Klopfpunkte“ aktivieren. Durch sanftes, unauffälliges Klopfen bestimmter Stellen am eigenen Körper aktiviert man dabei beruhigende Triggerpunkte.

In unseren Veranstaltungen sprechen wir darüber hinaus über Progressive Muskelentspannung und üben auch Atemtechniken. Was grundsätzlich beruhigt, ist tief in den Bauch und länger aus- als einzuatmen. Zum Beispiel: 4 Sekunden einatmen, 1 Sekunde Pause, 7 Sekunden ausatmen, 2 Sekunden Pause. Apps wie „Breathe“ können helfen.

Manche Studierenden profitieren bei Panik davon, die Augen zu schließen und eine Hand auf die Stirn und die andere auf den Nacken zu legen, um so wieder zu sich zu kommen. Andere bringen einen Glücksbringer oder Igelball mit und reiben in Stresssituationen daran. Wenn alles nicht hilft, kann man versuchen, die Situation kurz zu verlassen, vielleicht indem man zur Toilette geht. Alternativ kann man seine Gedanken kurz auf etwas ganz anderes lenken, etwa indem man alle Mitprüflinge mit braunen Haaren zählt.

Bei einem Blackout in einer mündlichen Prüfung kann man um eine kleine Auszeit bitten, einen Schluck Wasser trinken oder die Prüferinnen oder Prüfer bitten, die Frage noch einmal hören zu dürfen. Keine Sorge, die kennen so etwas!

Plan B haben

Wie geht man damit um, wenn man trotz allem nicht bestanden hat?

Schon im Vorfeld ist es gut, zu überlegen: Was passiert, wenn diese Prüfung nicht gut läuft – für das Studium und einen selbst? Was wäre dann das Schlimmste? Die Erkenntnis, dass mit einer missglückten Prüfung keine Gefahr für Leib und Leben einhergeht, kann den Stress massiv reduzieren – vor und nach der Prüfung.

Bei sehr starker emotionaler Belastung sollte man sich Hilfe etwa bei der Psychotherapeutischen und Psychosozialen Beratungsstelle des Studentenwerks holen.Beim finalen Versuch einer wichtigen Prüfung ist es zudem unbedingt nötig, einen Plan B im Ärmel zu haben. Auch hier bietet die LMU Unterstützung, etwa über die Fachstudienberatungen und die Studierenden-Coaches der Fächer. So schlimm es sich anfühlen mag, wenn ein Weg endet, so eröffnen sich gerade dadurch oft andere Türen.

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