Annika und Stephanie Guse bringen mit ¡vamos, simbiosis! Kunst und Forschung zusammen und wollen so Bewusstsein für den Schutz von Ozeanen und Biodiversität schaffen. Eine Ausstellung am Biozentrum der LMU stellt das Projekt vor.
Annika Guse ist Molekularbiologin und erforscht die Symbiose von Korallen und Algen. Seit dem Sommer 2022 ist sie Professorin für Quantitative Organismische Netzwerke an der Fakultät für Biologie der LMU. Zusammen mit ihrer Schwester Stephanie Guse, die als Künstlerin in Wien lebt, hat sie das interdisziplinäre Projekt ¡vamos, simbiosis! ins Leben gerufen. Eine Ausstellung und ein Dokumentarfilm bringen das Projekt nun nach München ans Biozentrum der LMU.
Im September 2022 veranstalteten die beiden Schwestern gemeinsam mit Vertretern verschiedener Disziplinen von Wissenschaft und Kunst ein „Symbiose Studio“ in Águilas. Die spanische Küstenstadt liegt in der Region Murcia, die 2017 vom Guardian als „climate change hotspot“ bezeichnet wurde. Drei Wochen lang näherten sich die Teilnehmenden den Themen Klimawandel und Meeresschutz aus verschiedenen Blickwinkeln. Renommierte Biowissenschaftler aus aller Welt trafen auf Anthropologen, Illustratorinnen, Schauspieler, Choreographinnen – und auf lokale Akteure: Beschäftigte der Stadtverwaltung, Fischer, Köche und Tauchlehrerinnen.
Anders als pure Fakten erreicht Kunst die Menschen auf der emotionalen Ebene. Das ist eine Voraussetzung dafür, ins Handeln zu kommen.
Der Projekttitel ¡vamos, simbiosis! lässt sich als Aufforderung verstehen, Allianzen zu bilden. „Symbiotische Verbindungen sind ein Schlüsselkonzept des Lebens, um sich an die Umwelt anzupassen“, sagt Annika Guse. Genauso können interdisziplinäre Kooperationen, die sich aus ¡vamos, simbiosis! ergeben, neue Möglichkeiten und Wege erschließen – zum Beispiel in Sachen Klimaschutz und Biodiversität. Die Kunst habe einen anderen Blick auf die Welt als die Naturwissenschaft und ermögliche der Öffentlichkeit einen neuen Zugang zu bestimmten Themen, meint Stephanie Guse. „Anders als pure Fakten erreicht Kunst die Menschen auf der emotionalen Ebene. Das ist eine Voraussetzung dafür, ins Handeln zu kommen”, sagt die Künstlerin.
Ganz leicht ist die Kommunikation über die Fachrichtungen hinweg aber nicht immer. Man muss eine gemeinsame Sprache finden, um sich miteinander zu verständigen. Um die Zusammenarbeit über Disziplingrenzen hinweg zu erleichtern, haben Annika und Stephanie Guse deshalb die Methode der „Thinking Hands“ erfunden. Teilnehmende tauschen sich dabei mithilfe von einfachen Zeichnungen aus und dringen auf diese Weise zum Kern von oft komplexen Themen vor.
Langfristig möchte ich einen Thinktank schaffen, in dem sich Menschen regelmäßig treffen, um fachübergreifend zu arbeiten.
Annika Guse
Im Mai eröffnet die Ausstellung über ¡vamos, simbiosis! am Biozentrum der LMU in Martinsried. Auch ein Film von Tobias Brehmer und Axel Warnstedt, der das Symbiose-Studio in Águilas dokumentiert, feiert dort Premiere. Zur Eröffnung sind zahlreiche Mitwirkende des Projekts anwesend.
Die Ausstellung in München ist jedoch nicht der Abschluss des Projekts – die Symbiose soll fortbestehen und weiterwachsen. „Langfristig möchte ich einen Thinktank schaffen, in dem sich Menschen regelmäßig treffen, um fachübergreifend zu arbeiten“, sagt Annika Guse. Der Schwerpunkt soll weiterhin in der Kombination von Naturwissenschaften und Künsten liegen. „Aber natürlich sind wir auch sehr offen für Ansätze, die das Thema mit anderen Fachrichtungen verbinden, wie beispielsweise Journalismus, Film oder Philosophie“, fügt Stephanie Guse hinzu. „Ich würde gerne ein komplexes Lehrangebot mit all diesen Aspekten aufbauen.“