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Was das Fach Religion ausmacht

23.01.2024

Inklusion und die Faktoren, die religiöse Bildung beeinflussen, sind Forschungsthemen von Ulrike Witten, die seit Februar 2023 Professorin für evangelische Religionspädagogik an der LMU ist.

Wann wirken sich Unterschiede zwischen Menschen als Ungleichheiten aus? Was hat das mit Religion zu tun? Und wie kann man im Schulunterricht Verständnis für die Unterschiede ermöglichen? Das sind Fragen, die Professorin Ulrike Witten in ihren Untersuchungen zur Inklusion im Religionsunterricht besonders beschäftigen. Zu diesem Thema hat sie im Jahr 2020 habilitiert und beforscht es auch an der LMU weiter.

Die evangelischen Religionsdidaktikerin Prof. Dr. Ulrike Witten im seitlichen angeschnittenen Porträt. Sie steht im Senatsgang der LMU.

Professorin Ulrike Witten

© LMU/LC Productions

„Es ist von bestimmten Kontexten abhängig, ob sich ein Unterschied benachteiligend auswirkt oder nicht“, sagt sie – und dass Religion ein Ungleichheit produzierender Faktor sei. Probleme würden beispielsweise einer bestimmten Religionszugehörigkeit zugeschrieben – bekannt als das Phänomen der sogenannten „Muslimisierung“. „Tatsächlich ist es so, dass muslimische Kinder und Jugendliche an Förderschulen überrepräsentiert sind.“ Dieser Umstand, sagt sie, werde schnell auf die Religion zurückgeführt und dabei außer Acht gelassen, ob es noch andere benachteiligende Lebensumstände gibt, die sich intersektional überlagern – zum Beispiel Migrationszusammenhänge und -erfahrungen oder die soziale Herkunft.

Ulrike Witten erforscht, wie Inklusion religionspädagogisch verstanden wird und welche Forschungsfragen sich daraus ergeben. Auch untersucht sie in Kooperationen mit Wissenschaftlerinnen von Hochschulen in Landau, Bamberg und Linz die religionsbezogene Sozialisation von Kindern. Dazu werden christliche, muslimische, jüdische und nicht religiöse Kinder zu ihrer Lebenswelt und dazu, wie sie mit Religion in Kontakt kommen, befragt. Die Auswertung läuft derzeit. „Es ist wichtig aufzuzeigen, dass es nicht die Muslime, die evangelischen oder katholischen Christen gibt, und herauszuarbeiten, welche Rolle nicht religiöse Weltanschauungen spielen."

In ihrer Geburtsstadt Leipzig studierte Ulrike Witten Theologie, Geschichte und Erziehungswissenschaften. Dort wurde sie auch mit einer Arbeit zur diakonischen Bildung promoviert und ihre Dissertation mit einem Preis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ausgezeichnet. Nach ihrer Zeit als Referendarin an einem Gymnasium in Halle/Saale erhielt sie ein Angebot der dortigen Universität, als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig zu sein. Sie habilitierte schließlich – ebenfalls in Halle – und wurde auch für diese Arbeit geehrt.

Anschließend ging Witten für knapp zwei Jahre als Professorin an die Universität Bielefeld und wechselte von dort an die LMU. „An der LMU gefällt mir, dass alle christlichen Religionen vertreten sind, einschließlich der Orthodoxie.“ Hiervon erhofft sie sich vielfältige Ansätze zur Kooperation.

„Das Fach muss sich begründen lassen“

An die LMU hat sie auch ein junges Forschungsthema mitgebracht. „Wir wollen untersuchen, welche ‚weichen‘ Faktoren den Religionsunterricht beeinflussen“, erzählt sie. „Ein Beispiel ist die Zuteilung zum Unterricht nach Religionszugehörigkeit in Bayern. In anderen Bundesländern gibt es die Möglichkeit, unabhängig von der eigenen Religionszugehörigkeit ein Fach innerhalb der Fächergruppe zu wählen.“ Religionsunterricht, sagt sie, sei ein fragiles Fach, das einem großen Plausibilitätsdruck ausgesetzt sei. „Das Fach muss sich immer begründen lassen.“ In ihrem Projekt will sie ermitteln, welchen Bewährungsmodi der Religionsunterricht ausgesetzt ist. „Wir wollen untersuchen, wie Lehrkräfte agieren, ihren Unterricht plausibilisieren und auch Angebote für die gesamte Schule machen.“ Hierzu läuft eine qualitative Untersuchung mit Interviews von Lehrkräften als Grundlage. Dabei will das Team um Ulrike Witten auch Feldnotizen von Lehrerinnen und Lehrern auswerten. Ziel ist es, herauszuarbeiten, wie Religion für die gesamte Schule einen Mehrwert bringen kann. Ulrike Witten ist nicht nur bestrebt, mit Forschenden der LMU in den Austausch zu treten. Auch der Kontakt zu Akteuren religiöser Bildung ist ihr wichtig. „Der Religionsunterricht ändert sich, da ist eine enge Verzahnung wichtig.“

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