Was den Schulerfolg beeinflusst
16.09.2024
Erziehungswissenschaftlerin Katja Scharenberg, neuberufen an der LMU, blickt in ihrer Forschung auf das Miteinander beim Lernen.
16.09.2024
Erziehungswissenschaftlerin Katja Scharenberg, neuberufen an der LMU, blickt in ihrer Forschung auf das Miteinander beim Lernen.
Wie gelingt Lernen? Das untersucht Katja Scharenberg und berücksichtigt dabei auch Schule als soziales Umfeld. „Es geht nicht nur um die Schulleistungen von Kindern und Jugendlichen in den verschiedenen Fächern, sondern auch um das soziale Miteinander und das Wohlbefinden“, sagt die LMU-Pädagogin.
Seit September 2023 ist Katja Scharenberg Inhaberin des Lehrstuhls für Allgemeine Pädagogik, Erziehungs- und Sozialisationsforschung. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte ist Inklusion und Heterogenität. Die Frage, wie es Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in inklusiven Schulklassen gehe, sei sehr relevant. „Auch weil wir immer noch darüber diskutieren, wie wir zur Inklusion stehen, wo es hingeht und inwiefern man dem Auftrag gerecht wird, alle Kinder gemeinsam und inklusiv zu beschulen.“
In ihrer Forschung hat sie unter anderem untersucht, was inklusiver Unterricht in den Schulen verändert. „Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die inklusiv in allgemeinen Schulen unterrichtet werden, profitieren mit Blick auf die schulischen Leistungen im Vergleich zu einer gesonderten Beschulung an Förderschulen. Für ihre soziale Partizipation im inklusiven Unterricht zeigen sich in der empirischen Forschung aber Nachteile. Kinder mit Förderbedarf erfahren immer noch ein stärkeres Maß an sozialer Ausgrenzung als Kinder ohne Förderbedarf. Sie werden von anderen Kindern als weniger beliebt wahrgenommen, werden weniger beachtet, stärker ausgegrenzt und als Sitznachbarn häufiger abgelehnt.“
Bei diesem Ergebnis bleibt Scharenberg jedoch nicht stehen. So untersucht sie aktuell, wie Lehrkräfte darin geschult werden können, die soziale Eingebundenheit von Kindern mit Förderbedarf zu erkennen und das soziale Miteinander aller Kinder zu fördern.
Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die inklusiv in allgemeinen Schulen unterrichtet werden, profitieren mit Blick auf die schulischen Leistungen im Vergleich zu einer gesonderten Beschulung an Förderschulen. Für ihre soziale Partizipation im inklusiven Unterricht zeigen sich in der empirischen Forschung aber Nachteile.Katja Scharenberg
Forschungszuschnitt und Fragestellungen der LMU-Professorin deuten auf ihren eigenen wissenschaftlichen Werdegang hin: „Ich bin von Haus aus Soziologin“, sagt Katja Scharenberg. Sie hat an der Universität zu Köln und am University College London Soziologie studiert. „Ich habe mich schon in meiner Abschlussarbeit mit einem Thema beschäftigt, das im Bereich der Bildungswissenschaften zu verorten ist: Es ging um die Benachteiligung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, die ich empirisch, basierend auf den Daten aus der PISA-Studie, untersucht habe.“
Ihre wissenschaftliche Karriere startete Katja Scharenberg 2007 an der TU Dortmund am Institut für Schulentwicklungsforschung (IFS). Hier wurde sie 2011 mit einer empirischen Arbeit zum Thema Leistungsheterogenität und Kompetenzentwicklung im Fach Erziehungswissenschaft promoviert. In ihrer Dissertation, die sie basierend auf der Schulleistungsstudie „Kompetenzen und Einstellungen von Schülerinnen und Schülern“ (KESS) verfasste, ging es um die Frage, ob Kinder und Jugendliche in homogenen oder heterogenen Schulklassen größere Lernfortschritte erzielen.
„Als ich mit der Dissertation begann, habe ich das Thema noch nicht vor dem Hintergrund von Inklusion betrachtet. Dabei sind Fragestellungen wie diese aktueller denn je: Die Unterschiedlichkeit von Kindern nicht nur hinsichtlich ihrer Schulleistung, sondern auch hinsichtlich ihrer sozialen und kulturellen Herkunft, ihres Geschlechts und des Förderbedarfs zu betrachten. Alle Kinder sind unterschiedlich“, sagt Scharenberg. Die Frage, wie sich dies auf das Lernen auswirkt, prägt bis heute ihr Forschungsinteresse.
Nach ihrer Promotion arbeitete Katja Scharenberg drei Jahre als Senior Researcher an den Universitäten in Basel und Bern. Dort forschte sie zum Übergang von der Schule ins Erwerbs- und Erwachsenenleben.
2015 wurde sie auf eine Juniorprofessur für Soziologie an der Pädagogischen Hochschule Weingarten berufen. 2016 folgte sie dem Ruf auf eine Tenure-Track-Professur für Inklusion und Heterogenität an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. 2020 wurde sie an der TU Dortmund habilitiert und erhielt die Venia Legendi für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Empirische Bildungsforschung. Von 2021 bis 2023 war sie an der Pädagogischen Hochschule Freiburg Professorin für Bildungssoziologie, bevor sie im Jahr 2023 den Ruf an die LMU annahm.
Neben der Soziologie und Erziehungswissenschaft bringt sie hier auch Ansätze aus der Psychologie und Sonderpädagogik zusammen, um ihre Forschungsfragen anzugehen. „Interdisziplinarität schätze ich sehr, auch bei der Zusammensetzung meines Teams. Das ist ein sehr gewinnbringender Bestandteil meiner Arbeit, aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf ein Thema zu schauen und zu erfahren, dass man je nach Perspektive unterschiedliche Fragen stellen und zu unterschiedlichen Antworten kommen kann.“
Verschiedene Studien und auch meine eigenen Arbeiten zeigen, dass es doch sehr stark darauf ankommt, wo Kinder und Jugendliche lernen, also an welcher Schulart sie unterrichtet werden. Gleichzeitig kommt es auch darauf an, mit wem die Kinder zusammen lernen, also auf die Zusammensetzung der Schülerschaft.Katja Scharenberg
In ihrer Forschung beschäftigt sich Katja Scharenberg auch mit der Gliederung des Schulsystems und den damit verbundenen Herausforderungen. „Verschiedene Studien und auch meine eigenen Arbeiten zeigen, dass es doch sehr stark darauf ankommt, wo Kinder und Jugendliche lernen, also an welcher Schulart sie unterrichtet werden. Gleichzeitig kommt es auch darauf an, mit wem die Kinder zusammen lernen, also auf die Zusammensetzung der Schülerschaft.“
Künftig wird sich die LMU-Pädagogin auch ihrem weiteren Forschungsinteresse zur Bildung für nachhaltige Entwicklung widmen und untersuchen, welche Kompetenzen Schülerinnen und Schüler in diesem Bereich erwerben, um die Zukunft aktiv und eigenverantwortlich im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung gestalten zu können, und welchen Beitrag Schule dabei leisten kann.
An der LMU anzukommen, empfindet Katja Scharenberg als „sehr spannend“. „Es verändert meine Perspektive auf die Lehre.“ Während sie in Freiburg ausschließlich in der Lehrerbildung tätig war, betreut sie nun außerdem auch Studierende im Bachelorstudiengang Pädagogik/Bildungswissenschaft sowie im Masterstudiengang Bildungsforschung und Bildungsmanagement. „Die Studierenden in diesen Studiengängen haben andere Berufsfelder im Blick. Die Zielgruppe meiner Lehrveranstaltungen ist für mich nun deutlich heterogener, auch internationaler.“ Ein Umstand, den Katja Scharenberg auch als Herausforderung für die Planung und Gestaltung ihrer eigenen Lehrveranstaltungen auffasst.