Rim Edelbi

Rim Edelbis Familie flüchte aus dem syrischen Bürgerkrieg nach Deutschland. Da sie schon über 18 Jahre alt war, wurde ihr in der Türkei die Weiterreise verweigert. Während andere verzweifeln würden, lernte sie schon mal Deutsch. Endlich in München, begann sie schnell ein pharmazeutisches Studium an der LMU, inzwischen ist sogar ein Doppelstudium daraus geworden. Nebenbei kümmert sie sich noch um ihr Kind. Was soll diese Frau noch aufhalten? Auch dank des Deutschlandstipendiums: nichts.

Von der Familie getrennt

Als in Syrien der Bürgerkrieg ausbrach, war Rim Edelbi gerade 14 Jahre alt. Die Schule war weit weg von ihrem Wohnort Hama und sie musste täglich lange pendeln. Die Eltern machen sich große Sorgen um ihre Tochter, aber die wollte trotz der Gefahren weiter zur Schule gehen. „Wir waren schließlich die Zukunft des Landes“, erklärt die heute 26-Jährige. Bis zum Abitur hielten sie es in Syrien noch aus, dann beschloss ihre Familie, das Land zu verlassen. „Wir hatten kein Leben mehr, nichts, was wir machen oder wovon wir träumen konnten.“

Bei der Flucht aus dem kriegszerstörten Land wurde die Familie getrennt. Ihre Mutter und ihr kleiner Bruder schafften es nach Deutschland, während Rim mit den restlichen Geschwistern in der Türkei feststecke. Rund ein Jahr musste sie dort warten, ehe sie im Rahmen der Familienzusammenführung nachkommen durfte. Immer mit der Ungewissheit, ob sie ihre Familie überhaupt wiedersieht. Da sie knapp über 18 Jahre alt war, galten für die verschärfte Einreisebedingungen. Doch sie gab die Hoffnung trotz vieler Tränen nie auf, lernte sogar schon Deutsch und war bei der Ausreise schon auf A2-Sprachniveau.

© jan greune

Ein Chemiestudium sollte es sein

An den ersten Tag in Deutschland erinnert sich Rim noch gut: „Es war wie ein Traum für mich.“ Immer wieder habe sie ihre Mutter gefragt, ob sie sie aufwecken kann, sagt sie und lacht. Nicht nur, weil sie nach einem Jahr wieder ihre Mutter in dem Arm schließen konnte. Sondern auch, weil sie wusste, dass sie in Deutschland weiterlernen und ein Studium beginnen kann. „Das Land hat mir Hoffnung gegeben.“ Ein Chemiestudium sollte es sein, das hat ihr schon in der Schule in Syrien am meisten Spaß gemacht.

Der Weg an die LMU war nicht einfach. „Als ich der Dame im Ausländerbüro davon erzählte, hat sie erst mal gelacht“, erinnert sich Rim. „Doch ich habe ihr erzählt, dass das mein Traum ist und was ich schon alles im Leben erreicht habe.“ Das hat gewirkt. Sie habe ihr dann sofort geholfen, das International Office der LMU zu kontaktieren und sich bei den Sprachkursen anzumelden. Auch dort seien die Menschen sehr herzlich gewesen. Trotz des neuen Lebens und der neuen Kultur erreichte Rim schnell das notwendige Sprachniveau. „Ich wusste, dass Sprache der Schlüssel ist.“

Die Laborarbeit macht ihr Spaß

Durch spezielle LMU-Programme haben Rim zwei Studierende beim Onboarding geholfen. Generell ist sie sehr dankbar für die viele Hilfe, die sie seit Ihrer Zeit in München erhalten hat. Hin und wieder hat sie zwar wegen Aussehen oder Religion auch schlechte Erfahrungen in öffentlichen Verkehrsmitteln gemacht. Für die gebürtige Syrerin ist Deutschland aber dennoch die zweite Heimat geworden. Inzwischen hat sie sogar den Integrationstest gemeistert und ist offiziell eingebürgert. 310 Fragen, auf die selbst gebürtige Deutsche nicht immer eine Antwort wissen.

Begonnen hat Rim an der LMU mit einem Studium für Pharmaceutical Sciences, einer Mischung aus Chemie und Pharmazie. Ihr Ziel war die Pharmazie, doch die Plätze dort sind rar. „Mein Plan war, später in die Pharmazie zu wechseln“, erzählt sie. Ein in Syrien vor allem unter Frauen sehr verbreiteter Studiengang. Doch die zwei Studiengänge waren sehr ähnlich und die Laborarbeit machte ihr Spaß. Sie entschied sich, vorerst dabei zu bleiben. Nachdem ihr das Lernen wie in Syrien große Freude bereitete und sie sehr erfolgreich war, begann sie kurzerhand ein Doppelstudium.

© jan greune

Niemals aufgeben

Zwei Studienfächer kosten Kraft. Umso erstaunlicher ist, dass Rim auch noch Mutter ist und sich neben dem Doppelstudium und der langen Laborarbeit um ihren Sohn kümmert. Wenn er schläft, sitzt sie meistens noch bis tief in die Nacht am Schreibtisch. „Ich dachte oft, ich kann nicht mehr“, gibt sie zu. Vor allem, als er noch ein Baby war. Als dann wegen Corona auch noch alle Prüfungen online stattfanden, wollte sie hinwerfen. „Ich habe die E-Mailentwürfe von damals noch in meinem Postfach“, erzählt sie – zur Motivation, niemals aufzugeben. Denn: Sie hat sie nie abgeschickt. Finanziell geholfen hat ihr in der Zeit das Deutschlandstipendium. „Ich musste in Pharmaceutical Sciences in jedem Fach ein Laborpraktikum absolvieren“, erläutert sie. Einen Nebenjob zu finden, der morgens mit dem Studium, nachmittags mit der Arbeit im Labor und abends mit ihrem Sohn vereinbar gewesen wäre, habe es nicht gegeben. Abgesehen davon brauchen Menschen ja auch mal eine Pause. „Durch das Deutschlandstipendium habe ich die Möglichkeit, meine Leben zwischen Kind und Studium in Balance zu halten“, betont die 26-Jährige. Dafür sei sie sehr dankbar.

Genau wie für die Unterstützung ihres Mannes. „Mein Partner hat mich seit der Bewerbung an der LMU bis heute immer ermutigt, weiterzulernen und nicht aufzugeben. Er ist der Einzige, der von Anfang an mich geglaubt hat, während andere meine Pläne als unmögliche Träume angesehen haben.“

Nach dem Studium will Rim in Deutschland bleiben. „Ich habe jetzt zwei Heimaten“, sagt sie und lacht. Wo es sie hinführt, kann sie noch gar nicht sagen. „Es gibt so viele spannende Bereiche in Forschung und Industrie.“ Besonders mit ihrer Arbeit an Wirkstoffen und pharmazeutischen Produkten könne man vielen Menschen helfen. Egal, wohin es sie führt: „Ich will weiter arbeiten, mich weiter verbessern und weiter für mein Kind da sein“, versichert sie. „Und dafür sorgen, dass er einmal in einem Land studieren kann, in dem Frieden herrscht.“

Fördern Sie mit dem Deutschlandstipendium

Das Deutschlandstipendium an der LMU lebt von der Unterstützung von Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen. Ihre steuerlich absetzbare Spende in Höhe von 150 Euro pro Monat wird von der Bundesregierung verdoppelt und kommt ohne Abzüge bei den Stipendiatinnen und Stipendiaten an. So können sich junge Menschen auch in Krisenzeiten wie diese ohne Geldsorgen um die Zukunftsfragen unserer Gesellschaft kümmern.

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Programmkoordination Deutschlandstipendium

Alejandra Riedmiller

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