Veronika Bremora hat sich trotz ihrer Großfamilie dazu entschlossen, ihren Job zu kündigen und ein Lehramtsstudium an der LMU zu beginnen. Ihre Motivation: Als Teil einer Regenbogenfamilie jungen Menschen Werte wie Gleichstellung, Toleranz und Respekt zu vermitteln. Dafür ist die 29-Jährige bereit, viele Opfer zu bringen – das Deutschlandstipendium unterstützt sie dabei.
Mit vier Kindern zum Studienabschluss
Veronika Bremora entschied sich mit 26 Jahren für einen ungewöhnlichen Schritt: Die gelernte Krankenschwester gab ihren sicheren Job in der chirurgischen Notaufnahme auf, um 2019 an der LMU Englisch, Religion und Medienpädagogik auf Lehramt zu studieren. Dabei ist es nicht so, als ob die vierfache Mutter (6, 4, 4 und 2 Jahre) nicht auf das Geld angewiesen gewesen wäre. „Es war eine gewagte Entscheidung“, sagt sie rückblickend. Doch ihre Motivation, ihren Kindern ein tolles Leben bieten zu können und ihre Liebe zu jungen Menschen auch beruflich ausleben zu können, war größer.
„Als Teil einer Regenbogenfamilie sind mir Gleichstellung, Toleranz und Respekt sehr wichtig und ich möchte diese Werte auch an meine Schüler*innen weitergeben“, erklärt die heute 29-Jährige. Hinzu kamen die familienunfreundlichen Arbeitszeiten in der Pflege. Ihre Frau musste als leitende Krankenschwester gerade während Corona noch mehr arbeiten als sonst. Durch die wechselnden Früh-, Spät- und Nachtschichten konnte die Großfamilie fast gar keine Zeit mehr miteinander verbringen.
Eine mutige Entscheidung
Ob sie das Studium packt, wusste Veronika Bremora am Anfang nicht. Ihre Eltern haben sie zwar immer unterstützt, selbst aber nicht studiert. Noch immer wählen nur rund 20 Prozent aller Kinder aus Nichtakademikerfamilien den Weg an die Universität. „Ich dachte mir damals: einfach mal machen“, empfiehlt sie. „Und wenn es nicht klappt, nicht das Gefühl haben, gescheitert zu sein.“ Manchmal könne auch eine Umorientierung der richtige Weg sein. Eine mutige Entscheidung, wenn man bedenkt, dass die meisten Kommilitoninnen und Kommilitonen deutlich jünger waren.
Ihre Arbeit hat Veronika Bremora allerdings immer Freude gemacht. Natürlich habe es in der Notaufnahme Tage gegeben, an denen sie froh war, wieder zu Hause zu sein. „Aber es gibt auch schöne Geschichten, an die ich mich bis heute gerne erinnere.“ Davon profitiert die gebürtige Münchnerin bis heute, denn Notfälle gibt es auch bei Schulkindern. Deswegen hat fast jede Schule einen Sanitätsdienst. „In meinem Studiums-Praktikum habe ich einen Erste-Hilfe-Kurs gegeben, in dem die Schüler*innen ganz viele Fragen zum Job als Krankenschwester gestellt haben“, freut sie sich.
Die LMU unterstützt Familien in vielerlei Hinsicht
Dennoch ist ein Studium mit vier Kinder kein leichtes Unterfangen. „Es braucht viel Organisation“, sagt Veronika Bremora. Wenn der Nachwuchs im Bett ist, sitze sie oft noch bis Mitternacht am Schreibtisch. Gerade jetzt während der Zulassungsarbeit zum Thema Diskriminierung von Regenbogenkindern an Schulen – das fange oft schon bei den Formularen an. Natürlich immer vorausgesetzt, es ist gerade keines ihrer vier Kinder krank. „Ich habe mich damit abgefunden, dass ich kein klassisches Studentenleben führen und nicht zum Feiern gehen kann“, sagt sie.
Laut Veronika Bremora unterstützt die LMU Eltern mit Kindern in vielerlei Hinsicht. So sei es möglich, Kurse bevorzugt zu bestimmten Zeiträumen zu besuchen – beispielsweise, wenn die Kita geöffnet hat. Allerdings würde sich auch nach der Corona-Zeit mehr Hybrid-Vorlesungen wünschen. Teilweise muss sie für eine 90-minütige Vorlesung zwei Stunden Fahrzeit einplanen. Viel Zeit für eine junge Mutter mit vier Kindern.
"Ich habe meine Entscheidung noch keine Sekunde bereut"
Trotz ihrer wenigen Freizeit engagiert sich die vierfache Mutter ehrenamtlich, unter anderem bei LesMamas e.V. in München. Dort organisiert sie zum Beispiel Treffen und Ausflüge mit lesbisch und queeren Frauen mit Kinderwunsch und Wunschkindern. „Wir wollen den Kindern zeigen, dass sie auch mit zwei Mamas oder nicht genetisch verwandten Elternteilen nicht anders sind als andere Kinder.“ Bei Kundgebungen oder Demos wie dem Christopher Street Day ist Veronika Bremora ebenfalls immer dabei. „Wir fordern, endlich mit heterosexuellen Paaren gleichgestellt zu werden“, betont sie.
Ohne das Deutschlandstipendium wäre dieses zusätzliche soziale Engagement nicht möglich gewesen, sagt Veronika Bremora. Das Geld habe auch ihre Entscheidung zu einem Studium nachhaltig beeinflusst. „Sonst hätte ich mir die Kita-Gebühren ohne Job nicht mehr leisten können – gerade jetzt in der Inflation.“ Natürlich sei sie auch bereit, mehr zu arbeiten. Die Zeit wäre aber auf Kosten der Kinder gegangen. Sie freut sich sehr, dass Fördernde ihre Arbeit und ihr ideelles Engagement wertschätzen.
Das größte Lob erhält die junge Mutter aber von ihren Kindern: Sie haben in der Kita und in der Schule erzählt, dass die eine Mama zur Arbeit und die andere zur Uni geht, um noch etwas zu lernen. Und dass sie sehr stolz darauf seien. „Vielleicht haben mir die Erzieher*innen das aber auch nur gut verkauft“, sagt Veronika Bremora und lacht. Aber egal: „Auch wenn es als Studierende mit Kindern tierisch anstrengend ist, habe ich meine Entscheidung noch keine Sekunde bereut.“
Fördern Sie mit dem Deutschlandstipendium
Das Deutschlandstipendium an der LMU lebt von der Unterstützung von Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen. Ihre steuerlich absetzbare Spende in Höhe von 150 Euro pro Monat wird von der Bundesregierung verdoppelt und kommt ohne Abzüge bei den Stipendiatinnen und Stipendiaten an. So können sich junge Menschen auch in Krisenzeiten wie diese ohne Geldsorgen um die Zukunftsfragen unserer Gesellschaft kümmern.