Tagsüber steht Tobias Ellinger im Labor, um an neuen Therapiemethoden für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu forschen. Nachts fährt der LMU-Masterstudent ehrenamtliche Einsätze als Rettungssanitäter. Das Ziel des 28-Jährigen in Theorie und Praxis: Menschen dabei helfen, wieder gesund zu werden. Ohne das Deutschlandstipendium müsste er von zehn Euro am Tag leben – und sein Engagement zurückfahren.
Krankheiten erforschen und Menschen heilen
Tobias Ellinger größtes Ziel ist es, anderen Menschen zu helfen. Sein ganzes bisheriges Leben richtet sich danach aus. Schon als Kind sah er sich im weißen Kittel. „Aber nicht unbedingt als Arzt, sondern als jemand, der Krankheiten heilen kann“, erinnert sich der heute 28-Jährige. An diesem Wunsch änderte sich bis zu seinem Fachabitur nichts. Daher begann er im Anschluss eine Ausbildung als Laborant bei einem bayerischen Arzneimittelhersteller. Dort analysierte er den Gehalt, die Reinheit und die Auflösung von pharmazeutischen Wirkstoffen. Schnell merkte Tobias jedoch, dass er ohne Studium niemals in der Lage sein wird, Krankheiten zu erforschen und Menschen wieder gesund zu machen.
Gesagt, getan. Um selbst etwas bewirken zu können, begann der gebürtige Landshuter 2017 in der vier Stunden entfernten Fachhochschule in Mannheim mit seinem Bachelor in Biologischer Chemie. Bis dahin seien ihm Noten nie wichtig gewesen, sagt Tobias. „Aber weil ich wusste, dass ich mein Ziel anders nicht erreichen kann, habe ich mich in meinem Studium richtig angestrengt und es mit 1,2 abgeschlossen.“ Für seinen Master in Humanbiologie bewarb er sich an der LMU. Die Aufnahmekriterien sind streng. Aber der Niederbayer bestand die Vorab-Prüfung sowie das Bewerbungsinterview und konnte im Sommer 2021 loslegen. Wieder war er seinem Traum ein wenig nähergekommen. „Das hat mich wirklich richtig glücklich gemacht.“
Den Studiengang hat Tobias gewählt, weil man sich während des Studiums auf unterschiedliche Forschungsschwerpunkte des Menschen spezialisieren kann, zum Beispiel die Neurobiologie, Onkologie oder, wie er, auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aktuell forscht der 28-Jährige in seiner Masterarbeit darüber, wie sich Herzorganoide – im Labor kultivierte, herzähnliche Strukturen des Herzens – nutzen lassen können, um Programme auf zellulärer Ebene, die während eines Herzinfarktes ablaufen, genauer erforschen zu können. „Das ist eine richtig coole Sache“, betont er. Die Forschung befinde sich zwar noch im Entwicklungsstadium, aber das Ziel sei, diese entdeckten Programme so zu verändern, dass das Herz eines Patienten nach einem Herzinfarkt besser heilt. „Das bedeutet letztendlich eine geringere Vernarbung und eine bessere Erhaltung der Pumpfunktion des Herzens nach einem Herzinfarkt.“
Tagsüber im Labor - nachts im Krankenwagen
Wie Menschen leiden, die einen Herzinfarkt haben, weiß Tobias aus eigener Erfahrung. Denn natürlich versucht er auch in seiner wenigen Freizeit Menschen ehrenamtlich medizinisch zu versorgen und zu helfen – als Rettungssanitäter. Dafür absolvierte er neben dem Studium beim Malteser Hilfsdienst einen 520-stündigen Ausbildungslehrgang. Wenn die örtliche Rettungswache in seiner Heimat Velden bei Landshut nicht besetzt ist, geht bei dem Studenten bei einem Notfall auf dem Handy der Alarm los. Das ist manchmal trotz Laborarbeit ab 7 Uhr mehrmals pro Nacht der Fall. Um immer für den Ernstfall als Ersthelfer fit zu sein, fährt er in den Semesterferien oder an Wochenenden auch als dritter Mann auf dem Rettungswagen mit.
Die Arbeit motivierte ihn zusätzlich. Erstens bekommen die Menschen, die er heilen möchte, so ein Gesicht. Zweitens lassen sich die Erkrankungen, die er sonst im Labor erforscht, in der Praxiseindrücklich erleben. „Dadurch kann ich helfen und lernen“, erklärt Tobias. Und drittens habe er bei der Ausbildung viel gelernt, was er auch in seinem Studium anwenden kann – zum Beispiel über Anatomie, Arteriosklerose oder notfallmedizinische Krankheiten. Andersherum werde in der Humanbiologie vieles gelehrt, was ihm bei seinen Notfalleinsätzen als Rettungssanitäter hilft – beispielsweise das medizinische Hintergrundwissen bei einem Herzinfarkt. „Alles hängt miteinander zusammen.“
Ohne das Deutschlandstipendium müsste er sein Ehrenamt aufgeben
Wenn es das Deutschlandstipendium an der LMU nicht gäbe, würde Tobias‘ Beitrag zur Gesundheit der Menschen deutlich geringer ausfallen. „Ohne die finanzielle Unterstützung könnte ich mein Ehrenamt nur noch schwer ausüben, weil ich mich um einen Nebenjob kümmern müsste“, berichtet er. Aktuell hat er abzüglich der Miete 20 Euro am Tag zum Leben, ohne das Stipendienprogramm wäre es nur die Hälfte. Tobias ist froh, wenn er endlich sein eigenes Geld verdient. Bis dahin wird es aber noch dauern. Die nächsten vier bis fünf Jahre wird er mit seiner Promotion beschäftigt sein. Der Weg zum Krankheitenheiler ist steinig. Tobias aber will ihn bis zum Ende gehen.
Fördern Sie mit dem Deutschlandstipendium
Das Deutschlandstipendium an der LMU lebt von der Unterstützung von Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen. Ihre steuerlich absetzbare Spende in Höhe von 150 Euro pro Monat wird von der Bundesregierung verdoppelt und kommt ohne Abzüge bei den Stipendiatinnen und Stipendiaten an. So können sich junge Menschen auch in Krisenzeiten wie diese ohne Geldsorgen um die Zukunftsfragen unserer Gesellschaft kümmern.