Die Fakultätsfrauenbeauftragten leisten einen wichtigen Beitrag zur tatsächlichen Umsetzung von Gleichstellung an der LMU. Hier beschreiben gewählte Fakultätsfrauenbeauftragte ihre Motivation und ihre persönlichen Erfahrungen im Amt.
Ehemalige Frauenbeauftragte der Fakultät 12 (Fakultät für Kulturwissenschaften) und Stellvertreterin der Universitätsfrauenbeauftragten
1. Mit welcher Motivation haben Sie das Amt der Frauenbeauftragten übernommen?
Als ich 2015 nach München kam (aus Wien kommend, mit langen Jahren in Berlin), fand ich ehrlich gesagt einiges an der LMU, insbesondere in Sachen Gleichstellung, sehr befremdlich. An meiner Einrichtung hing ein großer Aushang „an alle Mitarbeiter“ und niemand hatte ein Problem damit, genauso wenig, dass nur von „Studenten“ die Rede war. Ich besitze hier selbst eine andere Sozialisierung, habe mich schon als Schülerin und dann als Studentin mit Gendertheorien und v.a. den damals neu in den deutschsprachigen Raum gekommenen Ansätzen von Judith Butler u.a. auseinandergesetzt, mit Begeisterung die frühen Forderungen verfolgt, an der Sprache zu drehen und v.a. das rein binäre Konstrukt Mann-Frau aufzubrechen um der realen, gelebten Vielfalt Raum zu geben. Entsprechend rückschrittig kam mir also mein neuer Arbeitgeber in diesem Bereich vor und hier wollte ich sehr gerne was ändern – Wertschätzung hängt so viel mit Sprache zusammen und bis heute ist in diesem Punkt viel Luft nach oben innerhalb der LMU. Gleichstellungsfragen, insbesondere für den wissenschaftlichen Nachwuchs, beschäftigen mich sehr lange, auch durch meine Mitwirkung in der Jungen Akademie in Wien, und deshalb ließ ich mich 2017 sehr gerne als Frauenbeauftragte aufstellen. An unserer Fakultät ist es eine lang bewährte Tradition, dass Professorinnen dieses Amt übernehmen, um v.a. in Kommissionen und Gremien eine unabhängige Durchsetzungsfähigkeit und starke Stimme zu besitzen.
2. Welche Erfahrungen haben Sie im Amt gemacht und (wie) hat es Ihre Sichtweise auf Universität und Wissenschaft verändert?
Ich habe v.a. im Bereich der Gremienarbeit viele wertvolle Erfahrungen gesammelt und einen geschärften Blick auf interne Prozesse und unbewusste Vorurteile, insbesondere bei Frauen in Auswahlkommissionen, gewonnen. Als besonders bereichernd habe ich oftmals die Zusammenarbeit mit Studierenden empfunden, aber auch die Arbeit im Team als Fakultätsfrauenbeauftragte (immerhin habe ich drei Stellvertreterinnen, die mich immer wieder unterstützen und entlasten) war sehr positiv. In den Bereich der negativen Erfahrungen fallen v.a. Fälle von sexueller Belästigung und Mobbing, die leider nicht so selten sind, wie sie sein müssten. Ich denke nicht, dass eine LMU Perspektive eine allgemeine Sichtweise auf Universität und Wissenschaft bietet, zu speziell ist die bayerische Universitätslandschaft und München insbesondere. Aber das Amt der Fakultätsfrauenbeauftragten kann sicherlich helfen, diese spezifischen Strukturen besser zu verstehen.
3. Welche Projekte und Ziele sind Ihnen besonders wichtig?
Zuallererst geht es mir um eine bessere Vernetzung aller Frauen meiner Fakultät, insbesondere eine Berücksichtigung der Studierenden. Das Thema Gleichstellung geht uns alle an und viele Aspekte sind besonders für den Nachwuchs hoch relevant. Wir versuchen mit regelmäßigen Netzwerktreffen Kontakte zu pflegen und einen offenen Austausch zu gewährleisten. Besonders freut es mich, dass sich auch männliche Kollegen für diese Vernetzung interessieren. Ein wichtiges Anliegen ist mir gendergerechte Sprache – auch wenn hier universitätsweit noch viele Baustellen offen sind, empfinde ich es als einen wichtigen Erfolg, dass an unserer Fakultät die binären Schreibungen auf Websites durch eine inklusive Variante mit Gendergap bzw. Sternchen ersetzt wurden und auch in Fakultätssitzungen und in der Lehre deutliche Fortschritte sichtbar sind. Zuletzt geht es natürlich um die Verbesserung der Frauenquote bei den Professor_innen – auch hier sind uns kleine aber wichtige Schritte in den letzten Jahren gelungen. Obwohl wir deutschlandweit für Kulturwissenschaften noch immer einen schwachen Frauenanteil haben, so ist meine Fakultät immerhin über dem LMU Durchschnitt. Hier gilt es weiter am Ball zu bleiben, denn nur eine aufgrund ihrer Mitglieder diversere und buntere Universität wird höchsten Ansprüchen hinsichtlich wissenschaftlicher Exzellenz und Transferleistungen gerecht werden können.
Prof. Dr. Ulrike Witten
Frauenbeauftragte der Fakultät 2 (Evangelisch-Theologische Fakultät)
1. Mit welcher Motivation haben Sie das Amt der Frauenbeauftragten übernommen?
In meiner wissenschaftlichen Laufbahn habe ich selbst an vielen Stellen erlebt, wie wichtig es ist, dass Angehörige der Universität für Fragen von Gleichstellung und Diversität sensibilisiert sind, um ein faires Arbeiten und Studieren zu ermöglichen. Daran zukünftig mitzuwirken, ist mir ein wichtiges Anliegen.
2. Welche Erfahrungen haben Sie im Amt gemacht und (wie) hat es Ihre Sichtweise auf Universität und Wissenschaft verändert?
Das werde ich noch sehen, da ich erst seit Oktober 2024 die Frauenbeauftragte der Evangelisch-Theologischen Fakultät bin ;-).
3. Welche Projekte und Ziele sind Ihnen besonders wichtig?
Mir ist wichtig, dass benachteiligende Faktoren minimiert werden. Das erfordert eine breite Sicht auf Gleichstellung und eine intersektionale Wahrnehmung von Heterogenitätsdimensionen. Dafür möchte ich sensibilisieren und damit zu einem guten Arbeiten und einem fairen Miteinander beitragen.
Dr. Franziska Günther
Fakultätsfrauenbeauftragte der Fakultät 13/14 (Sprach- und Literaturwissenschaften)
1. Mit welcher Motivation haben Sie das Amt der Frauenbeauftragten übernommen?
Als Studentin habe ich mich darüber gewundert, dass in meinen Studienfächern (Anglistik, Germanistik) so viele männliche Dozenten und Professoren unterrichten, obwohl doch meine Mitstudierenden überwiegend weiblich waren. Damals war der Frauenanteil vor allem auf Professor*innenebene noch deutlich geringer als heute. Mir ist erst später – während der Promotion und nach Gesprächen mit früheren Mitstudentinnen – klar geworden, wie sehr das weitgehende Fehlen weiblicher Vorbilder unsere Ideen und Vorstellungen von Karrieremöglichkeiten in der Wissenschaft geprägt hat. Seit meiner Studienzeit hat sich viel getan – eine ganze Reihe von Professuren wurde inzwischen mit Frauen besetzt. Mit der Übernahme des Amts der Frauenbeauftragten wollte ich an dieser Entwicklung teilhaben und sozusagen „aus erster Hand“ erfahren und erleben, wie die Gleichstellung von Frauen bei akademischen Karrieren ermöglicht und durchgesetzt werden kann. Teil dieser Gleichstellungsbewegung zu sein und auch dem weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs Mut zu machen und Perspektiven zu eröffnen ist bis heute eine meiner Hauptmotivationen.
2. Welche Erfahrungen haben Sie im Amt gemacht und (wie) hat es Ihre Sichtweise auf Universität und Wissenschaft verändert?
Insgesamt kann ich meine Erfahrungen als Frauenbeauftragte nur als sehr positiv bewerten. Aufgrund der Größe der Fakultät vertreten wir das Amt der Frauenbeauftragten als Team von mehreren Kolleginnen. Die Zusammenarbeit und der Austausch innerhalb des Teams ist eine große Bereicherung und zeigt mir immer wieder, wie wichtig es auch gerade bei Gleichstellungsfragen ist, verschiedene Perspektiven in Betracht zu ziehen. Die Teilnahme an Gremien und Kommissionen war und ist für mich in vielerlei Hinsicht horizonterweiternd – das Amt erlaubt Einblicke in verschiedenste Bereiche und Abläufe innerhalb der Fakultät und eröffnet zahlreiche Mitwirkungsoptionen, die man als wissenschaftliche Mitarbeiterin sonst nie bekommt.
3. Welche Projekte und Ziele sind Ihnen besonders wichtig?
Mit liegt der wissenschaftliche Nachwuchs besonders am Herzen – immer noch reduziert sich der Frauenanteil innerhalb der sprach- und literaturwissenschaftlichen Fächer von Qualifikationsstufe zu Qualifikationsstufe. Mein Ziel ist es, dass es irgendwann nicht mehr nötig ist, dieser Entwicklung durch aktive Gleichstellungsarbeit entgegenwirken zu müssen.