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Der Dolmetscher: Felix Havermann über „Carbon Dioxide Removal (CDR)“

29.01.2025

LMU-Forscherinnen und Forscher erklären wissenschaftliche Begriffe allgemeinverständlich.

Es gibt wissenschaftliche Begriffe, die es in die Alltagswelt geschafft haben. LMU-Wissenschaftler erklären an dieser Stelle solche Ausdrücke – nicht nur mit einer reinen Definition, sondern auch mit einer kurzen Geschichte ihrer Popularität.

Der Dolmetscher: Felix Havermann erklärt CDR
© © Lisa Stanzel / LMU

Felix Havermann: „Die Idee, der Atmosphäre CO2 zu entziehen, kommt schon Mitte der 1990er-Jahre auf. Carbon Dioxide Removal (CDR) nennen Experten das. Der Weltklimarat IPCC nimmt sie 1995 auf, 1997 taucht sie auch im Kyoto-Protokoll zur Reduzierung des weltweiten Treibhausgasausstoßes auf. Die wichtigsten Treibhausgase sind CO2, Methan und Lachgas; CO2 hat den weitaus größten Anteil am menschgemachten Klimawandel. Schon früh erkennt man, dass es nicht ausreichen wird, Treibhausgas-Emissionen aus industriellen und Landnutzungsprozessen zu reduzieren, um den Klimawandel zu bekämpfen.

Treibhausgase einfach aus der Luft saugen?

Dr. Felix Havermann ist Wissenschaftlicher Koordinator im Forschungsprogramm CDRterra am Department für Geographie.

Es gibt neben CDR einen weiteren Ansatz, das sogenannte Solar Radiation Management: Dabei greift man in den Strahlungshaushalt der Erde ein. Das Konzept ist wegen der schwer zu kontrollierenden Effekte umstritten. Daher setzt man seit mehr als zehn Jahren auf CDR. Die wichtigste Methode ist eher klassisch: die Aufforstung. Bäume nehmen durch Photosynthese CO2 auf. Der Vorteil: Sie ist schnell verfügbar, günstig und hat mit mehr als 99 Prozent schon jetzt den höchsten Anteil. Ein weiterer Ansatz ist, dass man versucht, in landwirtschaftlichen Flächen verstärkt Kohlenstoff im Boden zu binden.

In jüngster Zeit kamen chemische Methoden hinzu wie Direct Air Carbon Capture and Storage (DACCS). Dabei saugen Anlagen die Umgebungsluft an, filtern das CO2 heraus und lagern es langfristig. Bezüglich der geologischen Speicher, in die man das CO2 gut pressen kann, besteht noch Forschungsbedarf. Man könnte alte Erdgas-Vorkommen nutzen, diese sind gut erfasst hinsichtlich Lecks. Alternativ käme der marine Sedimentbereich in Frage, da gibt es aber noch wenig Erfahrung.

Ausbauen ließe sich derzeit weiterhin der Bereich Aufforstung sowie Agroforstsysteme, bei denen landwirtschaftliche Flächen mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt werden. Es gibt auch neue kombinierte Verfahren wie Bioenergie mit CCS (BECCS). Man baut Bioenergiepflanzen an, die CO2 binden. Bei der Produktion von Energie wird dieses CO2 zwar freigesetzt, aber sofort industriell abgeschieden und gespeichert. Ebenso wird bereits mit Pyrolyseverfahren Pflanzenkohle hergestellt, welche in landwirtschaftlichen Böden langfristig CO2 speichert.

Bäume als Klimaschützer

Aufforstung hilft, der Atmosphäre klimaschädliches Kohlendioxid zu entziehen. Wie sieht es mit anderen Methoden aus?

© Dave Reede / All Canada Photos / Picture Alliance

Es gibt also nicht die eine Methode, sondern eine Bandbreite von Verfahren, die es gilt, in die Fläche zu bringen. Aktuell lassen sich weltweit 2,2 Gigatonnen CO2 pro Jahr entfernen, die Emissionen liegen aber bei 40 Gigatonnen CO2. Es ist also ein Tropfen auf den heißen Stein. Vielleicht lässt sich der CDR-Anteil im Jahr 2050 auf 8-10 Gigatonnen steigern, aber um CO2-neutral zu werden, muss die Menschheit massiv ihren Lebensstil ändern.“

Dr. Felix Havermann ist Wissenschaftlicher Koordinator im Forschungsprogramm CDRterra am Department für Geographie der LMU. Das BMBF-Klimaprogramm CDRTerra bewertet die verschiedenen Methoden zur CO2-Entnahme einheitlich und umfassend hinsichtlich ihrer ökologischen, technischen, ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Machbarkeit.

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