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Geowissenschaften: Reise ins Innere der Erde

31.03.2025

Physiker und Geowissenschaftler Sandro Jahn simuliert am Computer und im Labor Geomaterialien, um ihre Eigenschaften zu verstehen.

Prof. Sandro Jahn steht in einem Hörsaal vor einer Tafel

Blickt mithilfe seiner Forschung ins Innere der Erde: Prof. Sandro Jahn | © LMU/Stephan Höck

Es ist ein langer Weg ins Innere der Erde. Mehr als 6.000 Kilometer liegen zwischen der Erdoberfläche und ihrem Kern, wo Temperaturen von mehreren Tausend Grad herrschen. Sandro Jahn untersucht mit seiner Forschung, was auf diesem Weg passiert. Dafür ahmt der Geowissenschaftler am Computer und experimentell Bedingungen nach, wie sie im Erdinnern herrschen.

Sandro Jahn ist seit September 2024 Inhaber des Lehrstuhls für Wechselwirkung von Geomaterialien und Lebewesen an der LMU und zugleich Leiter der Mineralogischen Staatssammlung. Seine Forschung ist geprägt von Gegensätzen. Sandro Jahn untersucht in Computersimulationen und Experimenten kleinste Strukturen und Vorgänge in ultrakurzen Zeiträumen, sozusagen die Bausteine der Erde, um Informationen über die Welt als Ganzes zu gewinnen.

„Wir simulieren Materialien auf Nanometerskala, um Vorhersagen über ihre Eigenschaften treffen zu können und um Prozesse zu verstehen, die im Inneren der Erde stattfinden“, erklärt Jahn, den interessiert, wie die atomare Struktur die Eigenschaft eines Materials bestimmt. „Atome bewegen sich auf superkleinen Zeitskalen in Femtosekunden. Die Erde hat sich hingegen über mehrere Milliarden Jahre entwickelt. Wir fangen an, die Eigenschaften auf der atomaren Skala zu verstehen, und rechnen das auf planetare Größenordnungen hoch.“

Neben den Computersimulationen verwendet der Physiker auch Apparaturen mit Diamantstempelzellen, um Materialeigenschaften bei hohem Druck experimentell zu untersuchen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Sandro Jahn hat an der Technischen Universität Chemnitz Physik studiert und promoviert, wobei er sein experimentelles Dissertationsprojekt am internationalen Forschungszentrum Institut Laue-Langevin in Grenoble durchführte. „Mich hat immer interessiert, wie die atomare Struktur von Materialien aussieht. Das hat mich als Postdoc nach Oxford gebracht, in die Computerchemie. Dort habe ich gelernt, Materialien auf der atomaren Skala zu simulieren.“

Am Geoforschungszentrum Potsdam begann Sandro Jahn, Computersimulationen auf geowissenschaftliche Fragestellungen anzuwenden. Als Leiter der Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe „Schmelzen und Fluide in Geomaterialien. Von First Principles zu geologischen Prozessen“ ergänzte er die experimentellen Untersuchungen seiner Kolleginnen und Kollegen. „Wenn man nachbauen will, was im Innern der Erde passiert, muss man verschiedene Methoden kombinieren“, sagt Sandro Jahn.

Seit 2015 war Sandro Jahn Professor für Mineralogie und Kristallographie an der Universität Köln. Im September 2024 folgte die Berufung an die LMU – „eine tolle Sache“. Das liege auch an den vielen Möglichkeiten der Zusammenarbeit, die es mit den Forschenden anderer Lehrstühle gibt. „Wir haben sehr viele Überschneidungen, sodass wir gut kooperieren können.“

So ist Sandro Jahn auch in das DFG-Schwerpunktprogramm DeepDyn eingebunden, in dessen Rahmen die Dynamik im Erdinnern interdisziplinär untersucht wird, um das Magnetfeld der Erde besser zu verstehen.

Sandro Jahn untersucht zum Beispiel, wie kristalline Materialien Wärme leiten und wie sich ihre Eigenschaften mit Druck und Temperatur verändern. Denn in den Tiefen der Erde herrscht ein so hoher Druck, dass bestimmte Kristallstrukturen nicht mehr stabil sind und sich deshalb in andere umwandeln. „Das lässt sich mit unseren Computer- und Laborsimulationen reproduzieren, was dann wiederum Geophysikern hilft, ihre Beobachtungen zu verstehen. Denn sie können zwar Schallgeschwindigkeiten oder Dichte messen, sehen aber nicht, um welches Material es sich handelt.“

Die Materialsimulationen sind sehr rechenzeitaufwendig und produzieren sehr viele Daten, sodass Sandro Jahn in seiner Forschung auf Höchstleistungsrechner angewiesen ist und demnächst auch die Supercomputer am Leibniz-Rechenzentrum nutzen wird. Laborexperimente werden sowohl am Lehrstuhl als auch an Synchrotron- und Neutronenstrahlungsquellen durchgeführt. Noch befinde er sich mit seinem Lehrstuhl an der LMU „in der Aufbauzeit“ und blickt doch schon mit Freude dem nächsten Wechsel entgegen, wenn seine Forschungseinheit auf den neuen Geocampus in der Schillerstraße ziehen wird.

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