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Submarine Symbiosen

11.07.2023

Professorin Annika Guse, neu an der LMU, erforscht Korallen unter anderem auf Zellebene.

Prof. Annika Guse

untersucht Symbiose-Mechanismen und setzt sich für den Schutz von Ozeanen und Biodiversität ein. | © Tobias Schwerdt

Für ihre Forschung taucht Professorin Annika Guse schon mal zu Korallenriffen an der japanischen Küste. Mit Hämmerchen meißelt sie Proben aus sexuell reifen Kolonien, um sie später an Tischen mit fließendem Meerwasser zu beobachten. „Bei Vollmond entlässt die Koralle dann einmal im Jahr Spermien und Eier ins Wasser“, erklärt die Biologin. In Eimern reifen die Korallenlarven auch aufgrund einer Nährstoffsymbiose mit einer beigemischten Algenart, den Dinoflagellaten.

Das symbiotische Zusammenspiel zwischen Korallen und diesen Dinoflagellaten ist ein Forschungsschwerpunkt von Guse, die seit April 2022 den Lehrstuhl für Quantitative organismische Netzwerke der LMU innehat. Schon als Kind legte die gebürtige Nordrhein-Westfälin sich einen Teich an, richtete Aquarien ein und liebte es, im Meer zu schnorcheln. An der TU Braunschweig studierte sie Biologie und befasste sich in ihrer Diplomarbeit im Bereich Biochemie mit Bakterien. Für ihre anschließende Promotion ging sie ans Institut für Molekularpathologie der Universität Wien. Dort erforschte sie mit Modellsystemen wie dem Fadenwurm C. elegans die Mechanismen der Zellteilung und der Verteilung des genetischen Materials, „um zum Beispiel die Prinzipien von Krebserkrankungen zu verstehen“.

Riffmonitoring in Mexiko

Um der Natur wieder näher zu sein, reiste Guse anschließend ein Jahr lang durch Süd- und Mittelamerika. Zwischendurch volontierte sie bei Aufforstungsprojekten im Nebelwald von Costa Rica und beim Korallenriff-Monitoring in Mexiko. Als Postdoktorandin ging sie kurz darauf an die Universität Stanford, um mit dem Modellsystem des Afrikanischen Krallenfroschs im Bereich Zellteilung zu arbeiten. Anschließend forschte sie im Rahmen eines Emmy Noether-Programms an der Universität Heidelberg mit dem Modellsystem der Marinen Seeanemone, die wie die Koralle zum Stamm der Schwämme gehört. „Ich begann, die Symbiose zwischen photosynthetischen Dinoflagellaten und Anemonen im Labor zu erforschen, und betrieb dazu vergleichende Feldarbeit an Korallenriffen in Japan.“

Auch jetzt, an der LMU, stehen diese Symbiose-Mechanismen im Zentrum ihrer Forschung. Im Labor ihres am Center for Organismic Adaptation (CORA) angesiedelten Lehrstuhls arbeitet Guse mit Methoden der Biochemie, Bioinformatik, Genetik und Zellbiologie – und rekapituliert am Modellsystem der Seeanemone Fortpflanzungsverhalten, Larvenstadium und Beginn der Symbiose bei den Korallen. „Mit Blaulicht simulieren wir Vollmond, um unsere Anemonen zur Produktion von Eiern und Spermien zu animieren. Die Larven mixen wir mit Algen und beobachten Etablierung, Erhaltung und ‚Breakdown‘ dieser Symbiose.“ So schließe man zellbiologisch an die Symbiose-Etablierung der Korallen im frühen Larvenstadium an.

Fragen, die Annika Guse sich bezüglich der Symbiose von Korallen und Dinoflagellaten stellt, lauten: Wie finden sich die beiden Zellen, wie kommunizieren sie und tauschen Nährstoffe aus? „Denn diese ‚nutritional symbiosis‘ ist es, die die beiden verbindet und so das Überleben der Korallen in den nährstoffarmen tropischen Meeren sichert“, erklärt Guse. „Nur so können sie diese unglaublichen Ökosysteme aufbauen, die Korallenriffe repräsentieren.“ Guse erforscht diese Mechanismen auf verschiedenen Ebenen – von Molekülen über die Zelle und den Organismus bis hin zur Umgebung. Insbesondere die aus der Symbiose entstehende Anpassungsfähigkeit zweier unterschiedlicher Organismen an schwierige Umgebungen steht dabei im Mittelpunkt.

Symbiose versus Parasitismus

„Diese Mechanismen haben auch Bedeutung für die Evolutionsforschung, um etwa die Entstehung der eukaryotischen Zelle zu verstehen, die ebenfalls durch die Symbiose zweier Organismen zustande kam.“ Gerade hat sie einen DFG-Grant im Zusammenhang mit Lichteinwirkungen auf Korallenriffe eingeworben und will sich in der Zukunft weiterentwickeln „von der mechanistischen Biologie“ zur Ökologie.

Das Konzept der Symbiose hat zudem das Kunstprojekt ¡vamos, simbiosis! inspiriert, das Annika Guse mit ihrer Schwester, der Künstlerin Stephanie Guse, initiiert hat. Damit wollen sie auch auf emotionaler Ebene mehr Bewusstsein für den Schutz von Ozeanen und Biodiversität schaffen – durch die Symbiose von Forschung und Kunst.

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